Rund 80 Gäste haben sich am Dienstagvormittag zu der Einheits-Feierstunde auf dem Backnanger Marktplatz versammelt. Foto: Gottfried Stoppel

Die Murrstadt hisst zum Tag der Deutschen Einheit eine riesige Deutschlandflagge und der Generalmajor a. D. und Sohn des Hitler-Attentäters Graf von Stauffenberg hält eine Ansprache.

Backnang - Während er– von Berlin und dem offiziellen Feierort Mainz natürlich abgesehen – vielerorts wohl eher klanglos über die Bühne gegangen ist, hat die Stadt Backnang den Tag der Deutschen Einheit mit einer kleinen Feierstunde gewürdigt. Dazu hatte die Kommune eigens eine riesige schwarz-rot-goldene Flagge anfertigen lassen, die im Bereich des Marktplatzes befestigt wurde.

Größte Deutschlandflagge weit und breit

Eigentlich hätte man das Symbol der Wiedervereinigung am liebsten vom Turm der Stadtkirche herabwehen lassen oder diesen à la Christo ganz in eine solche gehüllt, verriet ein Stadtsprecher. Doch weil Probleme mit dem historischen Uhrwerk zu befürchten gewesen wären, habe man darauf verzichtet. Die Fahne sei nun mit vier mal 14 Metern Fläche maßtechnisch „in respektvollem Abstand“ zur offiziellen Einheitsflagge der Bundesrepublik am Berliner Reichstagsgebäude (sechs mal zehn Meter) etwas kleiner geraten, scherzte der Backnanger Oberbürgermeister Frank Nopper in seinen Grußworten, aber dennoch sei sie sicher „die größte Deutschlandflagge weit und breit“.

Dass er eine solchen Inszenierung von Schwarz-Rot-Gold für gut und richtig halte, daran ließ Nopper, der zuvor an jeden der rund 80 Gäste eine in entsprechenden Farben gehaltene Kokarde zum Anstecken verteilt hatte, keinen Zweifel: „Ich meine, eine Nation braucht nationale Symbole, die man auch selbstbewusst und kraftvoll darstellen kann, darstellen darf, ja sogar muss“, betonte Nopper. Und: „Ein aufgeklärter und völkerverbindender Patriotismus in einem freundschaftlich verbundenen Europa ist die beste Medizin gegen Nationalismus und Radikalismus.“

Gewaltiger Umbruch in atembaraubend kurzer Zeit

Die Ansprache überließ Nopper dann einem Mann, der seines Erachtens „geradezu einen Teil der DNA unserer Republik verkörpert“. Berthold Maria Schenk Graf von Stauffenberg ist nicht nur der älteste Sohn jenes Wehrmachtsoffiziers, der an dem letztlich misslungenen Attentat auf Adolf Hitler beteiligt war und deswegen hingerichtet wurde. Der 83-Jährige, der in Oppenweiler lebt, diente dem Land bei der Bundeswehr, zuletzt als Generalmajor.

Stauffenberg beschrieb die politischen Verhältnisse in der Zeit vor der „Wende“ und berichtete aus eigener Anschauung und eigenem Erleben von einem „gewaltigen und glücklichen Umbruch in atemberaubend kurzer Zeit“. Die Wiedervereinigung sei ein schwieriger Prozess gewesen, „weit schwieriger als vorhergesehen“. Natürlich seien dabei auch Fehler gemacht worden, „aber die Probleme wurden im Wesentlichen gelöst.“ Deutschland habe die Teilung überwunden und sei als freies Volk unter freien Völkern etabliert, so Stauffenberg. „Wir müssen uns aber stets bewusst sein, welche Verpflichtung wir haben, dass das auch so bleibt.“