Überwältigt von der Resonanz auf ihre Podiumsdiskussion Mitte Februar im Hospitalhof machen Wieland Backes und Co. Ernst: Sie haben den Verein „Aufbruch Stuttgart“ gegründet, der sich für ein lebendiges und verkehrsberuhigtes Kulturviertel in der City engagieren will.
Stuttgart - Großes in die Zukunft denken, ein städtebauliches Gesamtkonzept für ein verkehrsberuhigtes Kulturviertel zwischen Charlottenplatz und Gebhard-Müller-Platz entwickeln und den richtigen Standort für ein wie auch immer geartetes Konzerthaus suchen – diese Themen sollen die Arbeit des Mitte der Woche neu gegründeten Vereins Aufbruch Stuttgart bestimmen. Der frühere SWR-Moderator Wieland Backes und seine Mitstreiter – darunter Opernintendant Jossi Wieler, Kunstmuseumsdirektorin Ulrike Groos sowie die Architekten Werner Sobek und Arno Lederer, wollen nicht mehr und nicht weniger als die Stadtmitte umkrempeln. „Aus Stuttgart kann man mehr machen, als es heute darstellt“, sagte der frischgebackene Vereinsvorsitzende Backes am Donnerstag bei der Vorstellung der Initiative.
Backes betonte erneut, Stuttgart müsse aus dem Schatten des umstrittenen Bahnprojekts Stuttgart 21 heraustreten und eine positive Vision für die Zukunft entwickeln: „Uns liegt die Stadt am Herzen.“ Jossi Wieler umschrieb die Fragestellung, mit der sich die engagierten Bürger in die Kommunalpolitik einbringen wollen: „Warum lässt man zu, dass im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts die Stadt immer noch von den Notwendigkeiten und der Ästhetik der 1960er Jahre bestimmt wird?“ Die Sanierung der Staatsoper sei nur der Anstoß für das Engagement gewesen: „Wir müssen das Umfeld der Oper zukunftsfähig machen.“
Sobek: Kein Widerspruch zwischen Klimaschutz und Bebauung
Ulrike Groos betonte, Stuttgart habe im Vergleich zu anderen Städten eine seltene Dichte an hochrangigen Kultureinrichtungen aufzuweisen, die allerdings durch die B 14 (Konrad-Adenauer-Straße) voneinander abgehängt seien. „Der öffentliche Raum ist momentan zerstückelt“, so die Chefin des Kunstmuseums. Die Direktorin des Landesmuseums, Cornelia Ewigleben, verwies auf den Bau des Neuen Schlosses Ende des 18. Jahrhunderts, der viel Geld gekostet habe: „Was unsere Vorfahren geschafft haben, das sollten wir auch hinbekommen.“ Der Manager des SWR-Symphonieorchesters, Felix Fischer, sprach sich für den Bau eines Konzerthauses als „Leuchtturm“ nach dem Vorbild der Hamburger Elbphilharmonie aus. Stuttgart müsse auch „räumlich zu den führenden Kulturmetropolen Europas“ gehören.
Werner Sobek erklärte, die Stadt benötige „kompositorische Eingriffe“ vor dem Hintergrund sich wandelnder Mobilität und der Demografie. Auch die Erwärmung der Innenstädtedurch den Klimawandel müsse berücksichtigt werden. Widersprüche zwischen dem mitunter propagierten Bau einer Philharmonie im Akademiegarten zwischen Neuem Schloss und Landtag, der manchen als handtuchgroße und somit vernachlässigbare Grünfläche gilt, und dem Klimaschutz sieht Sobek nicht. Er will der Hitze im Talkessel mit technischen Mitteln beikommen: „Man kann das anderweitig kompensieren.“
Wieland Backes will Gespräch mit dem Königin-Katharina-Stift suchen
Auch Jossi Wieler sieht im Akademiegarten (16 000 Quadratmeter entsprechen rund 32 000 Normhandtüchern) nur einen „Durchgangsgarten“. Es dürfe keine Denkverbote geben. Gleiches gilt laut Backes auch für eine diskutierte Verlagerung des Königin-Katharina-Stifts am Gebhard-Müller-Platz, um das Gebäude der Oper zuzuschlagen. Man suche das Gespräch mit der Schule, betonte er, verwies aber auch darauf, dass das Gymnasium früher in der Friedrichstraße ansässig gewesen sei: Die Frage, ob die Schule angesichts des Verkehrs und der S-21-Bauarbeiten am richtigen Standort sei, müsse erlaubt sein.