Sieht idyllisch aus, aber im Hinblick auf die Wasserqualität der Körsch auf der Filderebene ist einiges zu tun. Foto: Torsten Schöll

Wer denkt, in der Körsch zwischen Möhringen und Plieningen plätschere im Sommer natürliches Wasser, der täuscht sich. Der Bericht eines städtischen Experten lässt aufhorchen.

Die Körsch ist kein natürliches Gewässer“, sagt Boris Diehm, „auch wenn sie grün ist“. Was der Leiter der Abteilung Klärwerke und Kanalbetrieb beim städtischen Eigenbetrieb Stadtentwässerung (SES) in der jüngsten Sitzung des Plieninger Bezirksbeirats über den Zustand von Stuttgarts zweitlängstem Fluss zu berichten wusste, lässt aufhorchen.

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Auf Antrag der Grünen hatte Diehm die Gremiumsmitglieder kürzlich in einem Fachvortrag über die Hintergründe zum geplanten Ausbau des Möhringer Klärwerks informiert. Welche Verbesserungspotenziale stecken im Ausbau der Anlage? Wie wird sich die Modernisierung auf die Gewässerökologie des Flusses zwischen Möhringen und Plieningen auswirken? Auf Fragen wie diese wollten die Bezirksbeiräte Antworten. Um es vorwegzunehmen: Nicht nur die Fraktionssprecherin der Grünen, Birgit Popp-Kreckel, fühlte sich im Anschluss an die Ausführungen „frustriert“.

Mäßige Wasserqualität der Körsch

Bereits vergangenen September hatte die SES ein Gutachten erstellt, das die mäßige Wasserqualität der Körsch im Umfeld des Klärwerks Möhringen offenlegte. Das Fazit der Untersuchung: Der ökologische Zustand des Gewässers entspricht ober- und unterhalb des Klärwerks keineswegs den Zielsetzungen der europäischen Wasserrahmenrichtlinie. Geringer Sauerstoffgehalt, hohe Nährstoffkonzentrationen, aber auch Spurenstoffe und Pflanzenschutzmittel belasten den Fluss erheblich und wirken sich negativ auf die Anzahl und Vielfalt der Kleinstlebewesen aus. Ein Ausbau der Kläranlage sei insofern dringend geboten. So weit, so schlecht.

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Aufhorchen lassen die Ausführungen des Abteilungsleiters der SES aber nicht so sehr wegen der hinlänglich bekannten mäßigen Wasserqualität der Körsch. Diehm erteilte nun auch allzu großen Hoffnungen in den geplanten Klärwerksausbau eine schonungslose Absage: „Die Umstellung der Kläranlage auf die weitergehende Reinigung des Abwassers wird zwar zu einer Verbesserungen der Wasserqualität führen“, erklärte der Experte den Bezirksbeiräten. Was aber eben nicht erreicht werde: „Dass die Körsch plötzlich ein ökologisch tolles Gewässer ist“, so Diehm. Soll heißen: Von einem naturnahen, gewässerökologisch gesunden Fluss wird der größte Filderbach auf der Gemarkung Stuttgarts auch nach einer umfangreichen Modernisierung und der Installierung einer vierten Reinigungsstufe im Klärwerk Möhringen weit entfernt sein.

Bei Starkregen rasch ein reißender Fluss

Was kaum jemand weiß: Vor allem in den trockenen Sommermonaten besteht das Wasser, das unterhalb der Kläranlage Möhringen munter durch das Bachbett plätschert, zum allergrößten Teil aus gereinigtem Abwasser. Natürliches Wasser – Fehlanzeige. Ohne das Klärwerk, so Diehm, würde die Körsch im Sommer häufig trockenfallen. Umgekehrt werde bei Regenereignissen durch die hochgradige Versiegelung im urbanen Einzugsgebiet die Körsch rasch zu einem reißenden Fluss. Diehm spricht von „massiven Stressoren“, denen die Körsch ausgesetzt ist. Mit entsprechenden negativen Folgen.

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„Die Körsch ist ein Gewässer mit einem extrem hohen urbanen Einfluss und durch die starke Verbauung gleichzeitig mit einer sehr schlechten Struktur.“ Die technische Verbesserung der Wasserqualität, wie sie durch die Modernisierung des Klärwerks durchaus zu erwarten sei, führe aufgrund dieser generell ungünstigen Rahmenbedingungen aber eben nicht dazu, dass die Körsch in der Folge einen guten gewässerökologischen Zustand erreiche.

Ein natürlicher Fluss reinigt sich selbst

Dazu braucht es offenbar weit mehr als ein funktionierendes, hochmodernes Klärwerk: „Wenn wir das wollen, müssen wir den Fluss naturnah ausbauen“, betont Diehm. Die Körsch müsse mäandrieren, die Gewässerrandstreifen müssten konsequent eingehalten werden, und die Versiegelung im Einzugsbereich müsse zurückgehen.

„Jeder Regentropfen, der versickern kann und der Körsch natürliches Wasser zurückgibt, ist ein guter Tropfen.“ Ein natürlicher Fluss, so der Wasserfachmann, reinige sich letztlich am besten selbst. Doch genau von diesem natürlichen Zustand, das wurde im Bezirksbeirat deutlich, ist die Körsch mit oder ohne modernisierter Kläranlage derzeit noch weit entfernt.