In Neckarweihingen werden die Prototypen genäht und getestet. Danach gehen sie in Polen in die Produktion. Foto: factum/Bach

Statt Livebands und Kunstevents zu organisieren, machen die ehemaligen Betreiber der Maxstraße – heute Die Luke – etwas ganz anderes: Sie entwerfen Babyzubehör. Und das, zu ihrer eigenen Überraschung, sehr erfolgreich.

Ludwigsburg - Dass sie eines Tages Krabbeldecken, Fußsäcke oder Sitzauflagen designen würden, damit haben Joanna und Jens Priebe nicht gerechnet. „Wir sind dazu gekommen wie die Jungfrau zum Kind“, sagt er. Einst haben der Mediengestalter und die intermediale Künstlerin die Kleinkunstbar Maxstraße, die heutige Luke, in Ludwigsburg betrieben. Drei Jahre lang, von 2010 bis 2013. Doch als das, was die Priebes fast durch Zufall begonnen hatten, immer besser lief, verließen sie die Maxstraße. Das, was sie jetzt machen, heißt Liebes von Priebes. Diese Liebesgeschichte begann etwa fünf Jahren in Polen.

Dort, in einem kleinen Dorf 100 Kilometer von Danzig entfernt, hatten Joanna Priebes Eltern eine Näherei. 20 Mitarbeiter fertigten seit über 20 Jahren Kinder- und Babyartikel. In dem Betrieb steckte das Herzblut der Eltern, und für die Angestellten bedeutete er die Existenz. Die Vorstellung, die Näherei aufzugeben, fiel also nicht nur den Eltern schwer, die sich zur Ruhe setzen wollten. Die Vorstellung, die kleine Firma zu übernehmen, fiel wiederum den Priebes schwer. Und dennoch: Sie taten es.

„Wir konnten uns nur vorstellen das weiterzumachen, wenn wir das mit einem eigenen Design tun können“, sagt Jens Priebe über die Überlegungen damals. Bis dahin wurden nämlich nur Auftragsarbeiten von externen Unternehmen gefertigt. Begabung fürs Designen bringen schließlich beide mit. Und Jens Priebe sogar ein bisschen Wissen über Stoffe. Er hat einst in einer Agentur Stoffe für Werbemittel – zum Beispiel für T-Shirts – ausgewählt.

Den Kinderwagen aufmotzen

Zunächst galt es aber, den Markt zu erforschen. „Es gibt so viele Hersteller, die seit 50 Jahren Kinderwagen herstellen – allerdings sieht alles gleich aus“, hat Jens Priebe gelernt. Die Idee war also, Kinderwagen individuell aufmotzbar zu machen – zum Beispiel mit Sonnensegeln oder einer Hängetasche im Lieblingsdesign. Die Suche nach passenden Stoffen auf Messen gestaltete sich allerdings nicht so einfach wie gedacht. Und ob Eltern tatsächlich auf ihre Individualisierungsmöglichkeiten abfahren, war auch unklar. Das Paar wagte es trotzdem: Die beiden verkauften ihr Auto, eigene Kunstwerke und starteten schließlich mit 10 000 Euro ins neue Geschäft. „Da ging mir schon die Düse“, sagt Jens Priebe.

Die Homepage wurde im Wohnzimmer entwickelt, das auch gleich zum Fotostudio für Produkte umgestaltet wurde. Dann hieß es telefonieren, telefonieren und nochmals telefonieren, um Läden und schließlich Großhändler von ihren Produkten zu überzeugen. Den ersten Erfolg hatten sie in einem Kindermodegeschäft im Stuttgarter Westen. Das Risiko hat sich ausgezahlt. Heute kommen Designs mit Walfischen, Flamingos, Sternchen oder Punkten bestens an.

„Unsere Mitarbeiter sind unsere Trendscouts“

„Unsere Mitarbeiterinnen sind unsere Trendscouts“, sagt Jens Priebe. Diese sind selbst Eltern, stöbern in Läden sowie im Internet nach Kinderzubehör und wissen, was angesagt ist. „Mitdenken ist hier erlaubt“, sagt Claudia De Amicis, eine der vier Mitarbeiterinnen am Neckarweihinger Firmensitz. Die wichtigste Stimme hat aber die kleine Tochter der Priebes: Josi. Sie ist vier Jahre alt – und alles, was in Produktion geht, ist, wie ihr Vater sagt, „Josi-getestet“.

„Es fühlt sich an, als ob wir auf dem richtigen Weg sind“, sagt Joanna Priebe. Nicht nur, weil das Geschäft so gewachsen ist, dass sie heute über vier Außendienstmitarbeiter rund 100 Händler in Deutschland und der Schweiz versorgen. Seit sie mit ihrer Marke Liebes von Priebes gestartet sind, hat sich eines zum anderen gefügt. Unter Stammgästen aus der Maxstraße haben sie neue Mitarbeiterinnen gefunden – darunter gar eine Expertin für Schnittmuster. Ob sie weiter wachsen wollen, wissen die Priebes noch nicht. Aber wer weiß: Vielleicht nehmen ihnen die Kunden ja diese Entscheidung ab.