Die Hohenheimer Straße gleicht derzeit einer Mondlandschaft: Nach dem Rohrbruch am Montag reißt die Stadt den Asphalt auf einer Länge von 40 Metern auf. Foto: Max Kovalenko

Die 100 Jahre alte Frischwasserleitung, die am Montag kurz vor der Haltestelle Olgaeck leck geschlagen ist, soll im Frühjahr 2014 komplett ausgetauscht werden. Dazu muss auch der reparierte Straßenabschnitt gesperrt und wieder aufgerissen werden.

Stuttgart - Die Hitze flirrt über der Hohenheimer Straße, als Bauarbeiter mit schwerem Gerät den Asphalt aufbrechen. Wie hoch der Schaden nach dem Rohrbruch am Montag kurz vor der Haltestelle Olgaeck wirklich ist, weiß niemand. Erst der Blick unter den Asphalt wird in den nächsten Tagen das wahre Ausmaß zum Vorschein bringen. Für den Schaden kommt die Haftpflichtversicherung des Netzbetreibers Energie Baden-Württemberg (EnBW) auf. „Klar ist, dass wir nicht nur neu asphaltieren müssen, das geht tiefer“, sagt Jürgen Mutz vom Tiefbauamt der Stadt Stuttgart.

Klar ist auch, dass die Hohenheimer Straße zum Teil an derselben Stelle im Frühjahr 2014 noch einmal aufgerissen und gesperrt werden muss. Zwar wurde das gerissene Rohrstück am Montag schnell ausgetauscht. Die 100 Jahre alten Rohrleitungen aus Grauguss reichen weiter als gedacht. „Wir können sie noch nicht sofort austauschen, dazu müssten wir die Straße weitere sechs Wochen sperren“, sagt Hermann Löhner, Leiter der Wasseranlagen der Stadt Stuttgart bei der EnBW. 2014 soll der Rest der alten Rohre raus. Parallel prüft die EnBW andere Versorgungsleitungen an dieser Stelle.

1,6 Millionen Liter Wasser traten beim Rohrbruch aus und drückten den Asphalt auf einer Länge von 40 Metern nach oben. Die beschädigte Stelle nur provisorisch zu flicken, ist nicht möglich, sagt Mutz: „Der Belag muss dem Schwerlast- und Busverkehr standhalten.“ Die 100 Jahre alten Rohre verlaufen auch von der beschädigten Stelle in Richtung Bethesda-Krankenhaus. „Hier wollten wir den Belag ebenfalls gleich sanieren. Jetzt warten wir damit, bis die Rohre ausgetauscht werden“, sagt Mutz. Gearbeitet wird dagegen weiter oben – im Abschnitt zwischen Krankenhaus und Dobelstraße. Hier flicken Arbeiter den Belag und kontrollieren die Kanalschächte.

Stuttgart will das Wassernetz kaufen

Wasserrohrbrüche gibt es immer wieder in Stuttgart. Allein 2012 waren es neun. Zuletzt riss im März diesen Jahres ein Rohr an der Türlenstraße, Wasser drang in einen Teil des Bürgerhospitals ein. Im September 2012 löste ein Wasserrohrbruch in Kaltental einen Erdrutsch aus und richtete großen Schaden an.

„Der aktuelle Rohrbuch zeigt erneut, dass wir einen Risikoabschlag brauchen, wenn wir den genauen Wert des Wassernetzes ermitteln wollen“, sagt Finanzbürgermeister Michael Föll. Die Stadt will das Wassernetz kaufen. Die Konzession der EnBW endet 2014. Weil es unterschiedliche Vorstellungen vom Kaufpreis gibt, hat die Stadt Klage eingereicht. Die EnBW fordert 600 bis 750 Millionen Euro, die Stadt schätzt den Wert auf 180 Millionen Euro.

Für marode hält Föll das Wassernetz nicht. Allerdings zeige die Situation, dass auch die EnBW keinen kompletten Überblick über den Zustand der Rohre habe und ein gewisses Risiko im Netz liege. „Die Stadt wird als Eigentümer des Wassernetzes noch präventiver, kundenorientierter und günstiger arbeiten“, sagt Föll. Geplant sei, Frischwasserversorgung und Abwasserentsorgung in einem Eigenbetrieb zu bündeln.

Neun Prozent Wasserverlust

Zum Thema Risikoabschlag und Klage will man sich bei der EnBW nicht äußern. Die Zahl der Rohrbrüche sei über die Jahre konstant und bewege sich im Vergleich mit anderen Städten im Durchschnitt, sagt Hermann Löhner von der EnBW. 20 Prozent der rund 1500 Kilometer langen Hauptleitungen sind über 100 Jahre alt. „In München und Nürnberg ist das nicht anders“, so Löhner. Alle alten Leitungen auf einmal auszutauschen wäre nicht möglich: „Da müsste man die ganze Stadt evakuieren.“ Auch der Wasserverlust sei mit neun Prozent im Rahmen.

Laut Löhner investiert die EnBW seit der Netzübernahme 2003 jährlich rund 15 Millionen Euro in die Instandhaltung der Rohre und in Hochbehälter. Rund 15 Kilometer Hauptversorgungstrasse würden damit im Durchschnitt pro Jahr saniert. „So ein Netz zu sanieren ist eine Generationenaufgabe. Da braucht man mindestens 20 Jahre“, sagt Löhner. Das werde die EnBW weiterhin tun – auch mit der Aussicht darauf, dass die Stadt das Netz kauft. Schließlich wolle man Verkehrsbehinderungen, die durch große Rohrbrüche entstehen, weiter vermeiden.