Zwei Auszubildende der Firma Trumpf an der Drehbank Foto: Michele Danze

Betriebe finden immer seltener Nachwuchs. Jetzt sollen Jugendliche aus dem Ausland in der Region eine Lehre machen, weil es weiterhin zu wenig geeignete Lehrstellenbewerber gibt.

Betriebe finden immer seltener Nachwuchs. Jetzt sollen Jugendliche aus dem Ausland in der Region eine Lehre machen, weil es weiterhin zu wenig geeignete Lehrstellenbewerber gibt.

Stuttgart - Man treffe vorort eine Vorauswahl, sagt die Referentin eines Bildungsträgers. „Sie sollen die Katze ja nicht im Sack kaufen.“ Klar, wer investiert, will wissen, ob das Produkt auch etwas taugt. Bei der Info-Veranstaltung der Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart (IHK) am Montag geht es aber nicht um Autos, Möbel oder Handys. Es geht um junge Menschen vor allem aus Südeuropa, die den Engpass auf dem Ausbildungsmarkt lindern helfen sollen. Menschen als Ware? So will die Bundesagentur für Arbeit nicht verstanden wissen, was ihr Vertreter bei der IHK vorstellt. Im Programm „The Job of my Life“ geht es um so genannte Arbeitnehmermobilität in der Europäischen Union (EU), was nichts anderes bedeutet als: Wo findet ein Firmenchef auf Staatskosten im EU-Ausland jene Fachkraft, die er hierzulande vergeblich sucht.

Weil es längst auch im Bereich berufliche Ausbildung an Bewerbern mangelt, soll diese Strategie künftig auch helfen, geeigneten Nachwuchs zu finden. Die Bundesagentur hat dafür 139 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung. Etliche externe Bildungsträger sind bereits Mitspieler, um interessierten Firmen den passgenauen Lehrling aus Spanien, Portugal oder Rumänien zu besorgen. Rekrutiert wird vorwiegend in süd- und osteuropäischen Ländern – eben dort, wo die Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen besondern hoch ist. So ist in Spanien ungefähr jeder zweite junge Mensch ohne Job.

In Deutschland, vor allem im wirtschaftlich boomenden Südwesten hätten etliche dieser Jugendlichen vermutlich kein Problem, eine Lehrstelle zu finden. Denn auch wenn sich die Kurven in der Statistik der Agentur für Arbeit Stuttgart etwas angenähert haben: Nach wie vor gibt es wesentlich mehr Ausbildungsplätze als Bewerber. Die Zahl der gemeldeten Lehrstellen lag Ende November bei 6530, was gegenüber dem selben Zeitpunkt des Vorjahres einen Rückgang um 474 bedeutet, und mit 5308 Bewerbern gab 204 mehr als im November 2012. Die Statistik der IHK bestätigt diesen seit Jahren anhaltenden Trend. 10 882 abgeschlossene Ausbildungsverträge bedeuten einen Rückgang um 4,3 Prozent gegenüber 2012. Ähnliches meldet die Handwerkskammer Region Stuttgart: Bis zum 1. September wurden 3248 Verträge abgeschlossen – ein Minus von 6,8 Prozent. „Der Wert wird am Jahresende bei einem ähnlichen Niveau landen und im nächsten Jahr kaum anders sein“, sagt Sprecher Gerd Kistenfeger. „Unsere Betriebe suchen händeringend nach Auszubildenden.“ Womöglich bald im Ausland? Das bei der IHK vorgestellte Förderprogramm ist nicht nur auf technische und kaufmännische Berufe beschränkt.

Neben der Bundesagentur haben am Montag mehrere Bildungsträger ihren Service vorgestellt. Die Palette reicht von reinen Sprachkursen bis zum Rundum-sorglos-Paket. In der Regel nennen Firmen, welche Lehrstellen sie zu bieten haben. Die Sozialunternehmen rekrutieren dann im jeweiligen Land die Kandidaten, sortieren ungeeignete Bewerber aus, bringen die Jugendlichen hierher, bieten Unterkunft, Betreuung oder nur Bausteine aus den Angeboten, die je nach Träger variieren – auch bei den Kosten.

2013 seien auf dem Weg rund 200 Auszubildende nach Baden-Württemberg gekommen, sagt Peter Neugebauer von der Regionaldirektion der Bundesagentur. Ein ausländischer Lehrling werde mit maximal 818 Euro pro Monat gefördert, die Höhe des Lohns mit dem Betrag verrechnet. Unternehmen müssten den Jugendlichen (die über 18 sein müssen) bei der Integration behilflich sein und bei zusätzlichen Kosten „auch mal in Vorleistung gehen“.

Thilo Lindner vom Vaihinger Kabelproduzenten Lapp hält das Programm für einen Weg von vielen, geeignete Auszubildenden zu finden. „Wir haben dabei nicht im Sinn, Fördergelder abzuschöpfen. Wir bilden gezielt auch für unserer 17 Standorte im Ausland aus.“ Für den Chef einer Firma für Bürokommunikation, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, stellt sich die Frage, ob man sich nicht eher problembehaftete deutsche Jugendliche ausbildungsfähig machen sollte. Das sei eine „betriebswirtschaftliche Rechnung“. Ander ausgedrückt: Kommt ein Lehrling aus Ausland günstiger, fällt einer aus der Region durch den Rost.

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