Die Lapp-Baustelle im Herbst – die dunkle Fläche unterhalb des Bauplatzes gehört Roland Würth. Foto: Werner Kuhnle

Vergangenen Sommer eskalierte ein Streit an der Baustelle des Kabelherstellers, jetzt hat die Verhandlung gegen den Ludwigsburger Roland Würth stattgefunden. Der sieht sich als Opfer des großen Unternehmens.

„Sie können nicht einfach etwas kaputt schlagen, nur weil Sie das stört – dann sind wir im wilden Westen“, beendet Richterin Anne Christina Bollacher ihre Urteilsverkündung. Für sie steht fest: Roland Würth hatte kein Recht, einen kniehohen Amphibienzaun an der Lapp-Baustelle in der Ludwigsburger Weststadt zu zerstören. Das Amtsgericht verurteilt ihn deshalb zu einer Geldstrafe.

 

Es war eine bemerkenswerte Verhandlung – nicht wegen der Schadenshöhe von rund 200 Euro, sondern wegen des Schauplatzes: der wohl größten gewerblichen Baustelle Ludwigsburgs. Im Gerichtssaal wurde es laut, es ging um verletztes Gerechtigkeitsempfinden und um Selbstjustiz.

Konfliktreiche Vorgeschichte

Der Konflikt zwischen dem Unternehmen Lapp und dem Unternehmer Roland Würth schwelt schon länger. Würth besitzt eine kleine Gewerbefläche direkt neben der Großbaustelle. Er fühlt sich von der Stadt und Lapp übergangen – bei der Planung des neuen Logistikzentrums sei sein Grundstück ignoriert worden. In seinen Augen hat es dadurch erheblich an Wert verloren.

Am 23. Juli vergangenen Jahres eskalierte die Situation. Würth fuhr mit Werkzeug im Auto zur Baustelle – und mit Wut im Bauch. Dort zerschnitt er einen Amphibienzaun, den Lapp an der Grenze zu seinem Grundstück errichtet hat. Den Vorgang selbst räumt er ein, doch die Deutungen gehen auseinander.

Ein Zeuge – Bauvorarbeiter auf der Baustelle – sagt vor Gericht, Würth sei laut schimpfend aufgetreten, habe aggressiv gewirkt und mit einer Axt auf den Zaun eingeschlagen. Er habe den Arbeitern sogar gedroht, er komme gleich rüber und schlage alles „kurz und klein“. Nach kurzer Zeit habe er den Angeklagten einfach machen lassen, sagt der Zeuge. „Ich hatte den Eindruck, es ist besser, Abstand zu halten.“ Würth bestreitet, die Bauarbeiter aggressiv angegangen zu haben.

Obwohl Würth vor Gericht zugibt, den Amphibienzaun zerschnitten zu haben, sieht er sich im Recht. Denn Lapp habe den Zaun illegalerweise auf seinem Grundstück aufgestellt. „Es kann doch nicht jeder daherkommen, und Dinge auf meiner Fläche aufbauen.“ Lapp bestreitet auf Nachfrage, den Zaun auf Würths Grundstück gestellt zu haben.

Richterin und Angeklagter geraten aneinander

Er habe sich zudem Zutritt verschaffen müssen, um einem potenziellen Pächter das Grundstück zu zeigen, sagt Würth vor Gericht. „Ich habe Kredite aufgenommen, ich muss das Grundstück vermarkten.“ Zudem habe er den Zaun auch gar nicht zerstört, die zerschnittene Stelle hätte Lapp problemlos ersetzen können. Übrigens hat nach dem 23. Juli auch Würth gegen Lapp Anzeige erstattet. Die Staatsanwaltschaft hat mangels tatsächlicher Anhaltspunkte das Ermittlungsverfahren eingestellt.

Während der Verhandlung geraten Richterin Bollacher und der Angeklagte wiederholt aneinander. Es geht um die Tatwaffe, um Grundstücksgrenzen, um die Definition von Sachbeschädigung. Eine zerschnittene Jacke könne man wieder flicken, die Jacke wurde trotzdem beschädigt, erklärt Bollacher sichtlich genervt. Nach mehreren Zwischenrufen platzt ihr der Kragen. „Unterbrechen Sie mich nicht ständig“, poltert die Richterin.


In ihrer Urteilsbegründung zeigt die Richterin kein Verständnis für das Verhalten des Angeklagten. Anstatt das Gespräch zu suchen oder rechtlich gegen Lapp vorzugehen, habe er zur Selbstjustiz gegriffen. Auch der Besichtigungstermin des potenziellen Pächters sei keine Rechtfertigung. Der Zaun sei nur 60 Zentimeter hoch gewesen, da könne man auch mal darüber steigen. „Sie zeigen weder Einsicht noch Reue“, so Bollacher zur Begründung der Geldstraße in Höhe von 1500 Euro.