Der Vorschlag der US-Regierung für eine Nulllösung von USA und EU bei Autozöllen klingt besser als er ist, meint unser Kommentator Michael Weißenborn.

Stuttgart - Das Angebot, das US-Botschafter Richard Grenell bei einem vermeintlichen Geheimtreffen den Spitzen der deutschen Automobilindustrie unterbreitet klingt zu schön, um wahr zu sein: Washington schlägt den Komplettabbau der Autozölle zwischen der EU und den USA vor und den der übrigen lästigen Handelshemmnisse wie der berühmten Vorgabe zur Größe des Außenspiegels gleich mit. Ist das eine überraschende Kehrtwende von US-Präsident Donald Trump, der sonst nicht müde wird, für seine Anhänger auf den Freihandel einzuprügeln?

Vorsicht vor zu viel Euphorie, ganz gleich, ob die Börsen bereits jubeln. Das signalisieren auch die Autobosse, wenn es von ihnen heißt: Von „Entwarnung“ könne keine Rede sein. Denn die Trump-Regierung fordert für ihre Zoll-Milde, dass sich die Autobauer zu neuen Investitionen in den USA verpflichten! Wie bitte? Das mögen Praktiken wie auf dem New Yorker Immobilienmarkt sein. Mit freien Unternehmensentscheidungen, wonach Standorte danach ausgesucht werden, wo sie wirtschaftlich am sinnvollsten sind, hat das nichts zu tun. „Erpressung“ heißt das nicht nur in Unternehmenskreisen. Dass Herr Grenell nicht weiß, dass EU-Handelspolitik nicht von deutschen Autobossen gemacht wird, ist da fast schon eine vernachlässigungswürdige Kleinigkeit.

Trumps Mobbing

Diese US-Regierung möchte also weiter liefern: Industriearbeitsplätze und Innovation für die USA. Selbst mit brachialsten Methoden. Sie will die Europäer auseinanderdividieren, weil sie dann leichteres Spiel hat. Gegen dieses Mobbing müssen die Europäer, so gut es geht, zusammenhalten, auf Trumps Protektionismus munter mit anderen Handelspartnern neue Handelsdeals abmachen – und nicht vergessen, dass in den USA sogar die Großindustrie auf ihrer Seite ist. https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.handelsstreit-bundeskanzlerin-merkel-ruft-usa-zu-kompromiss-mit-eu-auf.86643cf5-287d-4048-8dd7-a9a36777d12c.html https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.berliner-luftbruecke-auftritt-mit-schalldaempfer.5545d6c0-4802-424f-aad4-98f44223f2e4.html

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