Im vergangenen Jahr gab es deutlich weniger Autounfälle, weil die Menschen wegen Corona weniger unterwegs waren. Foto: dpa/Armin Weigel

Wer seltener Auto fährt, baut weniger Unfälle. In Coronazeiten müssen Versicherungen weniger Geld für Schadensfälle ausgeben. Für Kfz-Versicherte könnte sich das nun auszahlen.

Stuttgart - In Pandemiezeiten wird weniger Auto gefahren, Sportvereine haben geschlossen und Menschen im Homeoffice machen es Einbrechern schwerer. Davon profitieren Anbieter von Kfz-, Hausrat- und Unfallpolicen, weil sie nicht so viel für Schäden berappen müssen, wie die Kölner Ratingagentur Assekurata ermittelt hat. Allein Kfz-Versicherer hätten 2020 rund 2,3 Milliarden Euro weniger für Schäden ausgeben müssen, weil parkende Autos keine Unfälle verursachen.

Nachlässe von bis zu 15 Prozent möglich

Auch dieses Jahr erwartet Assekurata weniger Kfz-Schäden als im Vergleich zu 2019. „Das schafft Räume für Prämiensenkungen“, sagt Assekurata-Analyst Dennis Wittkamp. Im Branchenschnitt erwartet er sie in der kommenden Wechselsaison diesen Herbst bei zwei bis drei Prozent.

Einzelne Kfz-Versicherer könnten aber noch weit größere Nachlässe in der Größenordnung von 15 Prozent bieten, schätzt der Experte. Das liegt daran, dass Huk Coburg als Deutschlands führender Kfz-Versicherer seinen Kunden wegen der geringeren Schadenslast 2020 eine Beitragsrückerstattung von 150 Millionen Euro gewährt hat. Das entspricht 3,5 Prozent eines Jahresbeitrags. „Auf dieses Preisniveau müssen andere erst kommen“, sagt Wittkamp mit Blick auf den Herbst. Dann wechseln erfahrungsgemäß viele Deutsche ihre Kfz-Versicherung. Wer als Unternehmen von diesem Wechselgeschäft profitieren will, muss vor allem auch preislich mithalten können.

Profitable Prämiengestaltung

Beitragsrückerstattungen hat außer Huk nur die DEVK gewährt. Das Gros der Kfz-Versicherer hat sich damit das Pulver für Beitragssenkungen trocken gehalten. Einen ruinösen Preiskampf wie vor einem Jahrzehnt erwartet Wittkamp aber nicht. Das liege daran, dass die Assekuranz bei den aktuellen Niedrigzinsen auf Kapitalmärkten kaum noch profitabel anlegen könne. Wer keine Verluste schreiben will, sei also allein auf profitable Prämiengestaltung angewiesen.

Bei E-Autos genau hinschauen

Genau das Kleingedruckte zu lesen, empfehlen die Assekurata-Experten zudem Käufern von Elektroautos. Es sei von Versicherer zu Versicherer zum Beispiel sehr unterschiedlich, ob Ladekarten und Ladekabel oder die heimische Lade-Wallbox sowie ein Überspannungsschaden mit abgesichert sei, sagt Wittkamp. „Man muss sehr genau hinschauen“, betont er.

Streitfall Betriebsschließungen

Es gibt allerdings auch vereinzelt Bereiche, wo Versicherer von der Pandemie negativ betroffen sind. Das betrifft vor allem sogenannte Betriebsschließungspolicen für Gaststätten, Hotels oder Clubs. Hier hat Assekurata für 2020 eine Belastung von branchenweit gut einer Milliarde Euro errechnet. Die könnte noch weit höher sein, falls Versicherer auch immer zahlen würden. Das Gros der Branche macht aber einen Pandemieausschluss geltend, was in vielen Fällen vor Gerichten endet.

Auch das hat sich Assekurata genauer angesehen. Bislang 120 solcher Streits seien in erster Instanz zu Gunsten der Versicherer entschieden worden und nur 24 Fälle zu Gunsten von Kunden. Diese vermeintliche Klarheit wird aber durch eine Vielzahl von außergerichtlichen Einigungen relativiert. „Versicherer sind bemüht, Vergleiche zu schließen, wo sie das Risiko haben, Verfahren zu verlieren“, erklärt Assekurata-Geschäftsführer Reiner Will. Solches Streitpotenzial sieht er auch bei immer stärker gefragten Cyberpolicen. Auch hier seien die Vertragsbedingungen in Teilen so unklar formuliert, dass im Schadenfall darüber gestritten werden könnte, ob ein Fall von der Police abgedeckt ist oder nicht.