Vor vier Jahren ist Kai Bliesener unter die Schriftsteller gegangen. Foto: privat/Jochen Faber

Der Weinstädter Kai Bliesener schickt die Helden seiner Krimis stets in actionreiche Abenteuer. Jüngst hat er mit zwei Schriftstellerkollegen ein Literaturexperiment gewagt.

Sein Notizbuch und Tablet sind Kai Blieseners ständige Begleiter. Selbst auf Radtouren könne es passieren, dass er mitten an einer Steigung anhalte, um Ideen für Szenen und Formulierungen schriftlich festzuhalten, sagt der Weinstädter, der vor vier Jahren unter die Schriftsteller gegangen ist. „Meine Frau sagt dann immer: Ah, jetzt ist es wieder soweit“, sagt Bliesener lachend. Anregungen für neue Geschichten finde er überall. „Oft sind es Ereignisse, aus denen passende Szenen entstehen können. Man muss nur mit offenen Augen durch die Welt gehen.“ So notiere er sich unheimlich viele Eindrücke, auch von Urlauben, schneide sich interessante Mitteilungen aus Zeitungen aus und lege diese digital ab.

Geheimagent und Profikiller

Auf diese Weise hat der 51-Jährige Inspiration für mehrere Bücher gefunden. 2018 kam sein Erstlingswerk als Romanautor heraus: „Die Watson Legende“. Der Polit-Thriller spielt zur Zeit des Kalten Krieges im Jahr 1964 in Berlin, wo sich Blieseners Protagonisten, der Geheimagent und Profikiller Carl Janson, in Intrigen verwickelt. Bereits im Frühjahr 2019 folgte mit „Die Conrad Verschwörung“ die Fortsetzung. Blieseners Romanheld jagt darin einem amerikanischen Spion nach, der gestohlene Unterlagen aus dem Pentagon zur russischen Regierung nach Moskau bringen möchte. Wiederum rund ein halbes Jahr später gab Bliesener seinen dritten Roman heraus. In „Das Brandt Attentat“ nimmt die Handlung ihren Ausgangspunkt in einem fiktiven Anschlag auf den Kanzlerkandidaten Willy Brandt. Der Geheimagent Janson verfolgt die Täter aus der rechten Szene, was ihn bis in die höchsten Kreise von Staat und Wirtschaft führt.

Eine Idee für einen vierten Roman habe er schon, so Bliesener: „Rund um die Kuba-Krise würde ich gerne ein Buch schreiben.“ Wie bei seinen vorangegangenen Romanen seien es mit der Ukraine-Krise und den Atomwaffendrohungen Russlands aktuelle politische Geschehnisse, die ihn dazu anregten, eben diese Historie aufzugreifen. „Geschichte wiederholt sich zwar nicht, aber es gibt Dinge, die Angelpunkte für Handlungen sind.“

Nach seinem produktiven Debüt als Romanautor hat Bliesener noch ganz andere Buchprojekte realisiert. Zum einen eine Biografie über Clint Eastwood. Als bekennender Fan des US-amerikanischen Schauspielers und Regisseurs habe es ihn gereizt, das ambivalente Verhältnis zwischen der politischen Haltung und den Werten seines Idols und dessen Filmen zu beleuchten. Zum anderen hat er 16 Autorenkollegen um sich versammelt, darunter etwa Oliver Kern – auch bekannt unter seinen Pseudonymen Louis Sellano und Max Korn –, Regine Bott alias Kris Brynn und Dorothea Böhme. Gemeinsam mit ihnen hat er Kurzgeschichten zu Schwarz-Weiß-Fotografien eines befreundeten Fotografen aus Kanada geschrieben. „Augenblicke“ heißt die Anthologie, die daraus entstanden ist.

Ein einzigartiges Literaturexperiment

Und noch andere Projekte verfolgt Bliesener. So kam jüngst „Anleger 511“ heraus, dessen Ausgangspunkt ein Gasthaus am Anleger 511 in Eltville, einem Städtchen am Rhein ist. In diesem traf sich Bliesener im realen Leben mit den Schriftstellerkollegen Jo Schuttwolf und Klaus Maria Dechant. Über soziale Medien seien sie zunächst miteinander in Kontakt gekommen, nachdem sie zur etwa selben Zeit ihre ersten Romane veröffentlicht hätten, berichtet Bliesener. Bei dem Treffen sei die Idee entstanden, Hauptfiguren zu tauschen, sodass daraus drei spannende Krimis entstehen.

„Ein einzigartiges Literaturexperiment“, sagt Bliesener, der für den sexsüchtigen Werbetexter Andy aus Schuttwolfs Roman „U-Turn“ eine Geschichte zu erdenken hatte. „Das ist mir extrem schwergefallen“, sagt der Weinstädter angesichts des Charakters seiner Leihfigur, die bei Schuttwolf nach einer Séance beim Sex unter Drogeneinfluss in eine Felsspalte stürzt. In seinem Krimi lasse er Andy nun „völlig abdrehen“, sodass man oftmals nicht wisse, was dieser tatsächlich erlebt und was er im Drogenrausch nur träumt. Derweil legte Bliesener seine Emma Berg aus „Das Brandt Attentat“ in die Hände von Dechant. Dieser habe sie auf eine lebensgefährliche Recherche geschickt, sie aber ihm wieder für potenzielle weitere Romane heil zurückgegeben, sagt Bliesener, der indes an etwas ganz Anderem dran ist: dem vierten Jerry-Cotton-Heft aus seiner Feder, während das erste gerade erst erschienen ist. Darin schickt er den FBI-Agenten auf eine Hetzjagd quer durch Deutschland. „Das wäre auch toll verfilmbar“, sagt Bliesener.