Ein T-800, der erste Roboter mit lebendem Gewebe über metallischem Skelett aus den „Terminator“-Filmen Foto: Sony Pictures Releasing

Es gibt bereits Roboter, die selbstständig Entscheidungen treffen. Kommen als nächstes Maschinen, die eigenständig töten? Wissenschaftler senden eine eindringliche Warnung.

Buenos Aires/Stuttgart - „Judgement Day“, Tag des Jüngsten Gerichts. Wir schreiben das Jahr 2004. Der Atomkrieg beginnt am 25. Juli um 18.18 Uhr. Skynet, eine künstliche Intelligenz, die ursprünglich als Sicherheitssoftware entwickelt wurde, um Sicherheitssysteme zu kontrollieren und zu schützen, führt den atomaren Erstschlag gegen die Menschheit aus. Drei Milliarden Menschen werden sofort getötet. Die Überlebenden nennen dieses Ereignis den „Judgement Day“.

Nun übernehmen intelligente Maschinen die Macht auf dem Planeten und beginnen den Krieg gegen ihre Schöpfer. Den Überlebenden bleibt nur die Wahl, den Maschinen als Arbeitssklaven zu dienen und Terminatoren – Killerroboter – zu bauen oder sich der Rebellion anzuschließen.

Forscher warnen vor Einsatz autonomer Waffen

So sieht die Apokalypse in den fünf Filmen der „Terminator“-Reihe aus. Der jüngste Streifen „Terminator: Genisys“ läuft gerade in den Kinos. Auch wenn der Endzeit-Thriller Fiktion ist, weist er doch auf einen epochalen Umbruch in der Kriegsführung hin, der längst im Gange ist: Roboter revolutionieren die militärischen Konflikte des 21. Jahrhunderts. Sie werden auf den Schlachtfeldern der Zukunft immer wichtiger. Die stählernen Krieger gewinnen für die Militärs weltweit immer größere Bedeutung.

Wie brisant die Lage ist, zeigt der aktuelle Appell von führenden Wissenschaftler und Technologie-Experten, die vor der Entwicklung selbstständiger Kampfroboter für den Krieg warnen. Die Forscher haben ihre Warnung jetzt anlässlich der International Joint Conferences on Artificial Intelligence (IJCAI) in Buenos Aires veröffentlicht.

Intelligente Drohnen, die anhand definierter Kriterien eigenständig Menschen töten können, seien möglicherweise schon in wenigen Jahren verfügbar, heißt es in einem offenen Brief. Das Schreiben ist unterzeichnet unter anderem von dem Astrophysiker Stephen Hawking, Apple-Mitgründer Steve Wozniak, Sprachwissenschaftler Noam Chomsky und dem Silicon-Valley-Star Elon Musk, der unter anderem mit seiner Firma Tesla Elektroautos entwickelt.

Geeignet für gezielte Mordanschläge und ethnische Säuberungen

Künstliche Intelligenz ist an einem Punkt angelangt, an dem der Einsatz solcher Systeme innerhalb weniger Jahre, nicht Jahrzehnte, möglich sein wird“, schreiben die Forscher. Ein Wettrüsten bei Computer-gesteuerten Kriegswaffen müsse verhindert werden.

Die Experten richten sich ausdrücklich nicht gegen von Menschen gesteuerte Kampfdrohnen, wie sie die USA beispielsweise im Kampf gegen mutmaßliche Terroristen einsetzen. Die autonomen Waffensysteme könnten leicht in die Hände von Terroristen und Diktatoren fallen, warnen die Robotik-Forscher. Roboter, die nach bestimmten Kriterien Menschen zur Tötung aussuchen könnten, eigneten sich für gezielte Mordanschläge und sogenannte ethnische Säuberungen.

USA besitzen größtes Arsenal an Kampfrobotern

Kampfroboter sind unbemannte, ferngelenkte oder semiautonome (teilselbstständige) Systeme, die zur Beobachtung, Aufklärung, Minenräumung und Bekämpfung militärischer Ziele dienen. 1971 unternahmen die USA erste erfolgreiche Tests mit bewaffneten Drohnen, doch erst 2001 kamen sie in Afghanistan zum Einsatz. Die US-Streitkräfte verfügen heute über das größte und modernste Arsenal an Robotern, darunter Drohnen – ferngesteuerte Flugobjekte – und Bodenfahrzeuge, die mit automatischen Waffen oder Raketen ausgestattet werden können.

Anders als menschliche Soldaten kennen Roboter keine Furcht, werden niemals müde, kämpfen ohne Skrupel und Angst vor dem eigenen Exitus. Der US-Politologe Peter W. Singer, einer der führenden Experten für das Gebiet der automatisierten Kriegsführung, ist überzeugt: Das 5000 Jahre alte Monopol des Menschen, im Krieg zu kämpfen, bricht zusammen. Künftige Kriege werden von Maschinen bestimmt. Seine Befürchtung: „Wenn die Menschen Krieg als etwas ansehen, das sie nichts kostet, sind sie eher bereit, ihn zu führen.“

Wettrüsten ist längst im Gange

Schon heute setzen viele Staaten Militärroboter ein. Bei den meisten Robotern handelt es sich um unbewaffnete Systeme: Raupenfahrzeuge, kaum größer als ein Gokart, die Bomben entschärfen oder zur Aufklärung eingesetzt werden, sowie unbemannte Flugkörper. 2007 testete die US-Armee im Irak erstmals Kampfroboter – rund 45 Kilogramm schwere bewaffnete Raupenfahrzeuge vom Typ Talon Swords, die wegen technischer Probleme bald wieder abgezogen wurden. Die plump wirkenden Gefährte sind Vorboten einer Automatisierung des Krieges, deren Folgen unabsehbar sind.

Der US-Kongress hatte 2001 beschlossen, die Luftwaffe und die Landstreitkräfte schrittweise auf unbemannte Systeme umzustellen. Seitdem wird mit gewaltigem finanziellem Aufwand an Vehikeln für den Kampf unter Wasser, auf dem Boden und in der Luft gewerkelt. Die Modernisierung läuft unter dem Namen „Defense Innovation Initiative“. Es geht darum, die Robotertechnik, die Miniaturisierung oder die Datenverarbeitung weiterzuentwickeln. Auch Russland und China arbeiten an der Automatisierung der Kriegsführung. Ungeachtet der technischen Schwierigkeiten, Systeme mit künstlicher Intelligenz und Moralkodex zu entwickeln, geht das US-Verteidigungsministerium davon aus, dass die globale Rüstungsdynamik innerhalb der nächsten 30 Jahre autonom feuernde Roboter notwendig macht.

Mit künstlicher Intelligenz ausgestattete Waffensysteme sollten deshalb verboten werden, heißt es in dem von fast 2000 führenden Forschern auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz unterzeichneten Aufruf. Als Wissenschaftler wollten sie sich nicht an der Entwicklung solcher Systeme beteiligen. Ein Wettrüsten bei künstlicher Intelligenz zu militärischen Zwecken sei eine schlechte Idee und müsse verhindert werden, fordern sie.