In den vergangenen vier Jahren ist die Zahl der Beschäftigten bei Banken bundesweit um fünf Prozent auf 455 000 gesunken. Grund ist der Siegeszug der Algorithmen und Computer. Foto: dpa

Acht Millionen Menschen arbeiten derzeit in Berufen, in denen mindestens 70 Prozent der Tätigkeiten von Computern oder Maschinen erledigt werden könnten. Was bedeutet das? Und wer ist am stärksten betroffen?

Stuttgart/Nürnberg - Der Beruf des Bankkaufmanns galt lange Zeit als Inbegriff von Stabilität. In knapp drei Jahren konnte ein Abiturient das Rüstzeug für einen vermeintlich sicheren Job erwerben, bei dem das mittlere monatliche Bruttoarbeitsentgelt zuletzt bei rund 4600 Euro lag. Doch in den vergangenen vier Jahren ist die Zahl der Beschäftigten bundesweit um fünf Prozent auf 455 000 gesunken. Grund ist der Siegeszug der Algorithmen und Computer. Ob Kontoführung, Zahlungsverkehr, Bonitätsprüfung oder Kredit- und Anlagegeschäft – künstlich-intelligente Maschinen ersetzen zunehmend die Arbeit des Menschen. Dieser kann noch bei der Kundenbetreuung punkten, wo der Berater aus Fleisch und Blut mehr Vertrauen genießt als eine Maschine.

Die Maschinen stehen schon bereit

In immer mehr Berufen können zumindest Teile des Jobs von Maschinen übernommen werden. Das zeigt eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Die Nürnberger Denkfabrik hat aus einer Datenbank von 4000 Berufen jene Tätigkeiten erfasst, die die Berufsbilder prägen. In einem zweiten Schritt identifizierten die Forscher jene Tätigkeiten, die ein Computer schon heute ausführen könnte. Beim Bankkaufmann könnten demnach sieben der acht Kerntätigkeiten Roboter übernehmen – das macht eine Quote von 88 Prozent. Das Risiko, dass der Beruf zunehmend automatisiert wird, ist damit potenziell hoch. Die als ersetzbar eingestuften Tätigkeiten müssen aber in den kommenden Jahren nicht notwendigerweise ersetzt werden. Die Arbeit des Menschen kann im Vergleich flexibler, höherwertiger oder wirtschaftlicher sein – oder der Einsatz von Maschinen aus rechtlichen oder ethischen Gründen nicht erwünscht. „Die Berufe ändern sich deshalb langsamer als die potenziellen Einsatzmöglichkeiten neuer Technologien“, betont Studienleiterin Britta Matthes.

Nicht jede Tätigkeit wird ersetzt

Ob durch die Digitalisierung der Berufe mehr Stellen wegfallen oder entstehen oder sich nur die Art der Arbeit verändert, stellt die Studie nicht fest. Diese Frage ist auch hoch umstritten. Der Vorteil der IAB-Studie ist, dass sie den Einfluss der Digitalisierung konkret aufzeigt und mit einer eigenen Erhebung drei Jahre zuvor vergleichen kann. Demnach arbeitet heute ein Viertel der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten – rund acht Millionen Menschen – in Berufen, in denen mindestens 70 Prozent der Tätigkeiten von Computern oder computergesteuerten Maschinen erledigt werden könnten. Drei Jahre zuvor waren es nur 4,4 Millionen Menschen gewesen. Aber es gibt weitere Trends.

Helferberufe haben es schwer

Wer keine oder eine nur einjährige Berufsausbildung hat, könnte am ehesten seinen Job an eine Maschine verlieren. Hier haben Robotersysteme leichtes Spiel. Wie die Fertigungsstraßen den Fließbandarbeiter weitgehend überflüssig gemacht haben, erobern heute zum Beispiel Transportroboter die Logistik. Sie erkennen selbstständig den besten Weg zur Be- oder Entladestation, registrieren, welches Produkt entnommen oder abgelegt werden soll, und erledigen so den Job von Kommissionierern. Auch deshalb könnten inzwischen 86 Prozent der Tätigkeiten von Lager- und Transportarbeitern durch Maschinen ersetzt werden. Das heißt allerdings nicht, dass die Maschinen tatsächlich die Arbeit übernehmen. Gerade in der Logistikbranche ist die Zahl der Lager- und Transportarbeiter im gleichen Zeitraum um rund 15 Prozent auf mehr als 900 000 gestiegen. Gründe sind unter anderem der rasant gestiegene Paketversand und die niedrigen Löhne – die menschliche Arbeit ist derzeit oft noch billiger als die von Maschinen.

Gesundheitsberufe sind im Vorteil

Je höher das Anforderungsniveau eines Berufs ist, desto niedriger ist die Wahrscheinlichkeit, dass Tätigkeiten von Computern übernommen werden. Der Job eines Experten mit einem abgeschlossenen Hochschulstudium ist sicherer als der eines Meisters oder eines Bachelors, und diese sind gegenüber einer Fachkraft oder einem Helfer besser aufgestellt. Auch Berufe, die menschliche Interaktionen voraussetzen, sind weniger von Automatisierung bedroht. So hat sich in den vergangenen Jahren das Risiko in den Gesundheitsberufen nicht verschlechtert, das wird speziell die Ärzte, Altenpfleger und Krankenschwestern freuen.

Selten entstehen Berufe neu

Die Digitalisierung ändert die Tätigkeiten der Beschäftigten, aber schafft einen Beruf in aller Regeln nicht ab. Die Beschäftigten übernehmen zum Beispiel mehr kreative oder soziale Aufgaben und geben an die Computer Aufgaben wie die Datenanalyse ab. Im Gegenzug entstehen auch einige wenige neue Berufe, bei denen es vor allem um die Anwendungen neuer Technologien geht. So hat sich ein neues Berufsbild an der Schnittstelle zwischen Mensch und Computer gebildet: Der Interfacedesigner entwickelt Benutzeroberflächen für Computersysteme und technische Produkte, damit die Nutzer sie möglich intuitiv anwenden können. Hier sehen die Forscher derzeit keine Maschinenkonkurrenz, schließlich dreht sich hier alles um die Wahrnehmung der Verbraucher.