Die Schneidbrenner-Bande ist einfach nicht zu fassen: Seit Monaten geht sie auf Beutezug – und das nicht mehr nur im Großraum Stuttgart. Die Polizei schlägt Alarm: Sie hat schon 220 Fälle und über einen halbe Million Euro Schaden
Stuttgart - Sie lassen sich einfach nicht stoppen – und sind mittlerweile in ganz Süddeutschland unterwegs: Die Mitglieder einer Schneiderbrenner-Bande nehmen weiter Zigarettenautomaten ins Visier. Die Polizei zählt inzwischen 220 Fälle – der Schaden beträgt über eine halbe Million Euro.
In der Region Stuttgart waren die Täter zuletzt in Benningen im Kreis Ludwigsburg unterwegs, wo sie zwei Automaten mit einer sogenannten Thermolanze aufschweißten. Wenige Tage zuvor hatten sie in Remshalden-Geradstetten (Rems-Murr-Kreis) zugeschlagen und Tausende Euro Schaden angerichtet. Bereits im Sommer hatte unsere Zeitung von der unheimlichen Serie berichtet, die auch Stuttgart und die Landkreise Böblingen und Esslingen nicht verschonte.
Keine gemeinsame Ermittlungsgruppe
„Die reisende Tätergruppe hat allein bei uns 34-mal zugeschlagen“, sagt Polizeisprecher Peter Widenhorn, der für die Kreise Böblingen und Ludwigsburg zuständig ist. „Es muss sich um mehrere Gruppierungen handeln, die jetzt wieder verstärkt unterwegs sind“, sagt Holger Bienert vom Polizeipräsidium Aalen, das unter anderem die Fälle aus dem Rems-Murr-Kreis aufgreift. Eine gemeinsame Ermittlungsgruppe gibt es nicht – jeder Fall wird tatortunabhängig von der jeweiligen Kripo bearbeitet. Man informiere sich aber gegenseitig, heißt es. In diesen Tagen müssen Ermittler im Großraum Karlsruhe sowie Landau in der Pfalz den Tätern nachspüren.
220 Fälle – und noch keine Festnahme? Dabei ist die Arbeit des Nachts gar nicht unauffällig. Während der Tat wird es durch die Schweißflamme um den Automaten sehr hell, deutlich sichtbarer Rauch wird von lautem Knistern begleitet. Doch bisher gibt es noch keine Zeugen, die rechtzeitig die Polizei alarmieren konnten.
Die genaueste Täterbeschreibung stammt noch aus Lenningen (Kreis Esslingen), wo ein 25 bis 30 Jahre alter, 1,80 Meter großer Mann mit kurzen Haaren, großer Nase und südosteuropäischem Äußeren beobachtet wurde. In Stuttgart fiel im Juli ein Opel Zafira als Fluchtfahrzeug auf, in Murrhardt (Rems-Murr-Kreis) war es ein silberner Transporter mit Hochdach.
Ein Hersteller ist besonders im Visier
Betroffen sind verschiedene Automaten-Aufsteller – und einige haben inzwischen eine Belohnung von bis zu 10 000 Euro für entscheidende Hinweise ausgesetzt. Die Serientaten haben freilich eine Gemeinsamkeit: Die Täter nehmen offenbar bevorzugt Geräte eines führenden Herstellers aus dem mittelfränkischen Herrieden ins Visier. Denn die lassen sich offenbar durch gestiegen Sicherheitsvorkehrungen nicht einfach nur aufhebeln: „Die Schweiß-Methode wird offenbar gewählt, wenn die Automaten innen wie außen entsprechende Sicherheitsmaßnahmen vorweisen“, sagt Clemens Gansbiller, Produktmanager der Firma Sielaff. In der Vergangenheit habe es lediglich Einzelfälle gegeben.
Nun scheinen aber diverse Gruppierungen, die aus dem früheren Jugoslawien vermutet werden. eine serienreife Methode gefunden zu haben. Die Polizei bittet um Aufmerksamkeit – und den schnellen Ruf 110.