Der vom Abgasskandal gebeutelte VW-Konzern hat auf wichtigen europäischen Märkten weiter Marktanteile verloren. Foto: dpa

Die reduzierte Mehrwertsteuer für Pkw und die zunehmende Beliebtheit von Geländewagen beflügelt den Markt in der Volksrepublik. Aber auch in Europa laufen die Geschäfte gut – nur bei VW lief es nicht ganz so günstig.

Stuttgart - Die deutsche Autoindustrie kann sich freuen: Der Absatz neuer Personenwagen in den drei wichtigen Regionen Westeuropa, USA und China ist im ersten Halbjahr teils deutlich in die Höhe geschnellt. In China wurden sogar zwölf Prozent mehr Neuwagen verkauft. Die reduzierte Mehrwertsteuer für Pkw mit einem Hubraum bis zu 1,6 Litern sowie die lebhafte Dynamik im Geschäft mit Geländewagen habe das Geschäft getrieben, teilt der Branchenverband VDA mit. Allein Juni seien die Verkäufe sogar um gut 21 Prozent in die Höhe geschnellt.

Auch in Europa läuft es derzeit gut für die Autoindustrie: Mit einem Zuwachs von neun Prozent ist der Neuwagenabsatz sogar auf den höchsten Stand seit 2007 geklettert, hat die Stuttgarter Unternehmensberatung EY errechnet. Mit 7,84 Millionen Neuzulassungen im ersten Halbjahr liege das Absatzniveau inzwischen fast wieder auf Vorkrisenniveau, so die EY-Experten. Am stärksten legte der Absatz in Italien mit plus zwölf Prozent zu, in Spanien konnte ein Zuwachs von elf Prozent und in Deutschland um acht Prozent verbucht werden. Weniger gut lief es dagegen in Frankreich und Großbritannien (jeweils plus ein Prozent).

Brexit dürfte für drastischen Dämpfer sorgen

„Aufholeffekte in den ehemaligen Krisenländern und die robuste Konjunkturentwicklung sorgen nach wie vor für ein stabiles Wachstum auf dem europäischen Neuwagenmarkt“, lässt sich EY-Partner Peter Fuß in der Mitteilung zitieren. „Angesichts niedriger Zinsen, einer sinkenden Arbeitslosigkeit und niedriger Sprit- und Energiekosten bleiben die Rahmenbedingungen zumindest auf dem Kontinent auch in den kommenden Monaten voraussichtlich gut“, fügte er hinzu. Allerdings dürfte das infolge des Brexit-Votums drastisch gesunkene Verbrauchervertrauen in Großbritannien auf dem dortigen Markt für einen „kräftigen Dämpfer“ sorgen, schreibt EY. Die deutschen Autobauer würden dies vermutlich über sinkende Exporte nach Großbritannien zu spüren bekommen – nicht zuletzt weil britische Käufer wegen der Pfund-Schwäche für importierte Autos deutlich tiefer in die Tasche greifen müssen. Vorerst dürften sich die Auswirkungen des Brexit-Votums auf das Konsumklima im Rest Europas in Grenzen halten, so Fuß. Allerdings könnten einige Unternehmen nun bei Investitionen und Neueinstellungen vorsichtiger werden.

„Von der dynamischen Automobilkonjunktur in Westeuropa und in den neuen EU-Ländern profitieren die deutschen Konzernmarken besonders, denn ihr Marktanteil liegt dort jeweils bei etwa 50 Prozent“, urteilt Matthias Wissmann, der Präsident des Branchenverbandes VDA. Der Name VW fällt in diesem Zusammenhang nicht. Darauf gehen die Autoexperten von EY ein: Zwar habe der vom Abgasskandal gebeutelte Konzern den Absatz in den großen europäischen Märkten zuletzt steigern können, aber dennoch Marktanteile verloren – in Italien 0,9 Prozentpunkte, in Frankreich und Großbritannien jeweils 1,4 Punkte und in Deutschland sogar drei Prozentpunkte.