Viele Dieselautos stehen zurzeit lange auf den Höfen. Modelle der Euro-5-Norm waren fast unverkäuflich. Foto: Lichtgut/Oliver Willikonsky

Die Autobranche in der Region Stuttgart reagiert zwiespältig auf das Diesel-Urteil von Leipzig. In welchem Maß die Autohäuser die Konsequenzen zahlen, zeigt eine Blitzumfrage der Innung.

Stuttgart - In der Kraftfahrzeugbranche der Region Stuttgart ist das Leipziger Urteil mit gemischten Gefühlen aufgenommen worden. Es gebe immerhin den „kleinen positiven Effekt“, dass mehr Rechtssicherheit herrsche, sagt Christian Reher, der Geschäftsführer der KfZ-Innung Stuttgart. Und die Politik sei nun angehalten, bei ihrem Handeln die Verhältnismäßigkeit zu wahren, Fahrverbote seien „nur die Ultima Ratio“. Doch dann wird Reher deutlich: „Die Autohäuser zahlen die Zeche dafür, dass andere mit dem Einprügeln auf den Diesel ihr politisches Süppchen kochen und Hersteller, die Schummeldiesel auf den Markt geworfen haben, sich nicht zu ihrer Verantwortung bekennen.“

71,4 Prozent der Betriebe sind betroffen

In welchem Maß die Autohäuser die „Zeche“ zahlen, zeigt eine Blitzumfrage der Innung vom Dienstag: 71,4 Prozent der Betriebe haben noch bis zu zehn gebrauchte Euro-5-Diesel auf dem Hof, die sie nur „mit massiven Preisabschlägen“ loswerden, sagt der Innungsgeschäftsführer. Um welche Wertverluste es geht, weiß Reiner Äckerle. Im gesamten Bundesgebiet seien die Preise für Dieselautos der Euro-5-Norm und darunter um etwa zehn Prozent gefallen, sagt der Autohändler aus Korb und Vorsitzende der Innung im Rems-Murr-Kreis. Im Großraum Stuttgart aber liege der Preisverfall sogar bei bis zu 30 Prozent. „Euro-5-Diesel waren in letzter Zeit unverkäuflich“, berichtet der Autohändler.

In den Büchern müssen die Händler diese Modelle mit einem Wertabschlag von 2500 Euro berichtigen. „Nicht nur die Kunden, auch die Autohäuser haben Geld verloren“, sagt Reiner Äckerle. Für viele Gebrauchtwagen haben die Betriebe die Abschläge bereits realisiert und sie billiger an Aufkäufer abgegeben, die diese häufig ins Ausland verkaufen.

Probleme im Flottengeschäft

Aber das Problem sei noch längst nicht ausgestanden, sagt Christian Reher. Besonders betroffen seien Betriebe, die im Flottengeschäft mit Firmenfahrzeugen tätig sind. Schon zehn Leasingrückläufer mit entsprechendem Wertverlust, die der Händler zurücknehmen muss, könnten einen Betrieb „in die Knie zwingen“.

Deshalb setzt die Innung auf die technische Nachrüstung von Dieselautos, um der misslichen Entwicklung möglichst bald Einhalt zu gebieten und Fahrverbote doch noch zu vermeiden. Die Politik müsse jetzt „schnell die Nachrüstrichtlinien“ liefern. Und der Innungsgeschäftsführer geht davon aus, dass die Autohersteller bereits Pläne in der Schublade haben. Christian Reher ist überzeugt: „Die Werkstätten schaffen das in eineinhalb Jahren.“

42,8 Prozent Euro-6-Diesel

Das Beispiel Stuttgart zeigt, welche Aufgabe das wäre. Ende Januar waren hier 102 813 Dieselfahrzeuge gemeldet, 33,8 Prozent aller Autos. 43 995 entsprechen der Euro-Norm 6, das sind 42,8 Prozent. Aber 16 581 Autos haben nur Euro-Norm 4, 30 374 immerhin Euro-5-Norm.

Mancher in der Branche sieht die Dinge trotzdem entspannt. Auch auf dem Hof der Schwabengarage an der Cannstatter Straße haben die meisten der gebrauchten Dieselfahrzeuge nur Euro-5-Norm. Ein Verkaufsberater bleibt trotzdem gelassen. „Es gibt sogar für den Euro-4 noch Abnehmer. Außerhalb von Stuttgart wird man ja weiterhin damit fahren dürfen. Und manche Wagen verscherbeln wir ins Ausland.“