Liebesplatane mit mächtiger Krone: der Nationalerbe-Baum Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Schalltomografische Untersuchungen weisen darauf hin, dass vor 244 Jahren zwei Bäume gepflanzt wurden. Sie sind zu einem Baum verwachsen, der jetzt im Exotischen Garten der Universität Hohenheim als Nationalerbe-Baum ausgezeichnet worden ist.

Stuttgart hat seit dem Wochenende einen Nationalerbe-Baum. Die knapp 34 Meter hohe Hybridplatane mit einen Stammumfang von fast acht Metern steht direkt neben dem Spielhaus im Exotischen Garten der Universität Hohenheim. Der 244 Jahre alte Baumriese gehört damit zu den zehn höchsten und stärksten Platanen in Deutschland, wie Andreas Roloff am Samstag anlässlich der offiziellen Ausrufung der Hybridplatane zum Nationalerbe-Baum erklärte.

Roloff ist Forstwissenschaftler an der Technischen Universität Dresden und leitet das Projekt „Nationalerbe-Baum“ der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft (DDG). Ziel der Initiative ist es, insgesamt 100 alten Bäumen in Deutschland den Titel zu verleihen, um damit ihre Existenz dauerhaft zu sichern. Die Hohenheimer Platane ist der 25. Baum, der die Auszeichnung erhält, und einer der jüngsten.

Ehrung trotz Jugend

„Es ist auch die erste Platane in der Liste“, betonte Roloff anlässlich der Ausrufungsfeier unter dem Blätterdach des Baumriesen. Weil die in Mitteleuropa vorherrschende Hybridplatane erst seit rund 360 Jahren existiert, habe sich die Initiative dazu entschlossen, den Baum trotz seines vergleichsweise jungen Alters auszuzeichnen. Normalerweise erhalten nur Bäume, die über 400 Jahre alt sind und das Potenzial haben, ein Alter von 500 bis 1000 Jahre zu erreichen, den Titel.

Die Hybridplatane ist eine Kreuzung zwischen nordamerikanischer und Mittelmeerplatane. Weil Letztere nachweislich bis zu 1000 Jahre alt werden kann, bestehe nun auch die Hoffnung, dass der Hohenheimer Baum noch viele Jahrhunderte lang existieren könnte.

Einer der hundert bedeutendsten Bäume

Der Rektor der Universität Hohenheim, Stephan Dabbert, und die baden-württembergische Finanzstaatssekretärin Gisela Splett (Grüne) enthüllten im Anschluss an die Feier eine Tafel. Darauf ist unter anderen vermerkt, dass die Platane „zu den 100 bedeutendsten Bäumen Deutschlands“ gehört.

Der wissenschaftliche Leiter der Hohenheimer Gärten, Helmut Dalitz, betonte, dass alte Bäume generell Biodiversitätsinseln seien. „Unsere Platane ist zum Beispiel eine Heimstatt für den Eremiten“, erklärte Dalitz. Der Käfer ist in Stuttgart unter seinem Zweitnamen Juchtenkäfer eine Berühmtheit. Dass die Hohenheimer Platane auch Liebesplatane genannt wird, geht auf Herzog Carl Eugen von Württemberg zurück. Er hatte 1779 den Baum als Geste der Zuneigung für seine Frau Franziska pflanzen lassen. Tatsächlich erinnert ihr zweistämmiger Wuchs heute an ein innig verbundenes Paar. Doch was wie eine romantische Laune der Natur erscheint, wurde überraschenderweise jetzt auch wissenschaftlich untermauert.

Die Nähe hat zum Verwachsen geführt

Wie Roloff anlässlich der Ausrufung verriet, könne nach jüngsten schalltomografischen Untersuchungen am Stamm davon ausgegangen werden, dass vor 244 Jahren nicht nur ein, sondern zwei Bäume gepflanzt wurden. „So dicht nebeneinander, dass sie irgendwann miteinander verwachsen konnten“, erklärte Roloff.

Gefördert wird das Projekt „Nationalerbe-Baum“ von der Waiblinger Eva-Mayr-Stihl-Stiftung, die künftig auch die Pflegemaßnahmen an der Platane finanziert.