Frank Bedarf, hier mit seinem eigenen Hund Santino Foto: Leif Piechowski

Für sein beherztes Eingreifen erhält Frank Bedarf aus Gerlingen die Auszeichnung „Helfer in Not“ der Stadt Stuttgart. Er hat einer Frau das Leben gerettet, die von ihrem eigenen Kampfhund angegriffen wurde.

Für sein beherztes Eingreifen erhält Frank Bedarf aus Gerlingen die Auszeichnung „Helfer in Not“ der Stadt Stuttgart. Er hat einer Frau das Leben gerettet, die von ihrem eigenen Kampfhund angegriffen wurde.

Stuttgart - Frank Bedarf kann sich im Nachhinein selbst nicht erklären, wie er es geschafft hat, an jenem Samstagmorgen so ruhig zu bleiben. „Ich habe einfach nur versucht, immer den nächsten Schritt zu planen“, erinnert sich der 41-Jährige. Genau dieses Verhalten hat der 30 Jahre alten Frau das Leben gerettet.

Am 14. Juni 2014 war Frank Bedarf mit seinem Labrador Santino an der Bergheimer Steige unterwegs, als er die Schreie einer Frau hörte. „Ich wusste sofort, dass etwas Schlimmes passiert ist. Sie hat immer wieder geschrien. Ich dachte an einen Überfall oder eine Vergewaltigung“, beschreibt er die Situation. Obwohl er erst zwei Tage vorher die Schiene abbekommen hatte, die er nach einem Achillessehnenriss tragen musste, rannte er sofort los. Als er sich der Stelle näherte, aus der die Schreie kamen, sah er nur eine Frau, die über einen weißen Hund, einen Bullterrier, gebeugt war. „Es sah aus, als würde sie mit ihm spielen. Erst als sie vornüberfiel und der Hund sich festgebissen hat, habe ich verstanden, was hier gerade passiert“, erzählt er.

Daraufhin band er seinen eigenen Hund 60 Meter weiter weg an und holte sich einen langen, stabilen Ast zur Verteidigung. Als er sich dem Opfer und dem Hund näherte, erkannte er die Frau. Er hatte sie vor zwei Wochen schon einmal gesehen. Sie hatte den Bullterrier damals sehr gut unter Kontrolle gehabt, und er hatte einen Maulkorb getragen. Dieser lag jetzt einige Meter entfernt. Wie sich im Nachhinein herausstellte, besaß die Frau den Kampfhund erst seit wenigen Wochen und trainierte mit ihm für den Wesenstest. Bei einer dieser Übungen muss sich der Maulkorb gelöst haben.

Weil der Bullterrier immer wieder auf das Opfer losging, versuchte Frank Bedarf, ihn durch Schreie und durch Stöße mit dem Ast von der am Boden liegenden Frau wegzudrängen. Aber der Hund ließ sich nicht stoppen. Als er dann den Kopf der Frau fixierte, nahm der 42-Jährige die zehn Meter lange Leine, drängte den Bullterrier zu einem Baum und band ihn dort fest. „Sein ganzer Oberkörper war blutverschmiert, und er hat die Frau weiter fixiert“, erzählt er. Nach einer Begutachtung durch die Amtstierärztin wurde der Bullterrier zwei Tage später eingeschläfert. Besonders markant ist, dass der Kampfhund während seines Angriffs weder knurrte noch bellte.

Zum Opfer hat Frank Bedarf regelmäßig Kontakt. Die schweren Verletzungen sind noch nicht ausgeheilt. Vor allem Bewegungen mit der linken Hand bereiten der Frau extreme Schwierigkeiten.

Für den zweifachen Familienvater ist klar, dass er jederzeit wieder so handeln würde. Am Donnerstag hat der Gemeinderat der „Helfer in Not“-Auszeichnung zugestimmt. „Die Auszeichnung soll den Menschen zeigen, wie wichtig es ist, anderen zu helfen. Jeder kann helfen – und wenn man nur die Polizei ruft“, sagt Bedarf.

Die letzte „Helfer in Not“-Auszeichnung hat die Stadt Stuttgart im Jahr 2002 verliehen. Nach einem Frontalzusammenstoß im Österfeldtunnel in Vaihingen war einer der Wagen in Brand geraten. Zwei der Unfallbeteiligten retteten daraufhin ein einklemmtes Opfer aus einem brennenden Auto.

Auch wenn er keine Vorurteile gegenüber Kampfhunden habe, sei er im Umgang mit ihnen vorsichtig, sagt Bedarf. Vor drei Jahren wurde sein eigener Hund von einem Stafford-Terrier angefallen und verletzt. Die Ereignisse im Juni haben dem fünfjährigen Santino erneut zugesetzt. „Er läuft nur noch bei Fuß und ist froh, wenn wir ihn wieder an die Leine nehmen. Außerdem ist er extrem schreckhaft geworden. Wenn die Nachbarskinder draußen spielen und schreien, versteckt er sich“, erzählt der Gerlinger. Die Bedarfs überlegen, für den herzkranken Labrador einen Hundepsychologen zu engagieren, da Tabletten bisher keine Besserung brachten.