Patrick Herzog (re.) mit weiteren Preisträgern und Verantwortlichen Foto: Paula Markert

Ein Viertel der Opfer von Kindesmissbrauch sind Jungen. Dennoch ist das Thema nach wie vor ein Tabu – Antihelden jedoch setzt dem Schweigen eine direkte und gleichzeitig anonymisierte Beratung im Netz entgegen. Dafür ist das Stuttgarter Projekt nun ausgezeichnet worden.

Stuttgart/Hamburg - Für sein Engagement im Bereich des sexuellen Missbrauchs von Jungen hat das Stuttgarter Projekt Antihelden am Donnerstag in Hamburg den Hanse-Merkur-Preis für Kinderschutz 2018 erhalten. Der Sonderpreis ist mit 5000 Euro dotiert ist.

Antihelden ist ein Projekt des Vereins zur Förderung von Jugendlichen, das sich der Onlineberatung für Jungen zum Thema Sexualität und sexualisierte Gewalt verschrieben hat. Denn ein Viertel der Opfer von Kindesmissbrauch sind Jungen. Dennoch ist das Thema nach wie vor ein Tabu – Antihelden jedoch setzt dem Schweigen eine direkte und gleichzeitig anonymisierte Beratung im Netz entgegen. Deshalb ging der älteste Sozialpreis Deutschlands, der nun zum 38. Mal an Organisationen, Vereine und Initiativen aus dem gesamten Bundesgebiet übergeben wurde, die sich in besonderer Weise für das Wohl von Kindern stark machen, an die Antihelden. Die Schirmherrin, die Grünen-Bundesvorsitzende Annalena Baerbock, überreichte den Preis.

Die Jungen nutzen bewusst den digitalen Raum im Chat, da sie dort anonym sein können

Das Projekt Antihelden wurde zu seinen Anfängen 2014 von der Aktion Weihnachten der Stuttgarter Nachrichten finanziell unterstützt – ein Jahr später erhielt es den ökonomischen Sozialpreis Innovatio. Die Onlineberatung des Projektes Antihelden erfolgt in einem geschützten Beratungsraum, der Chat ist anonym. Es werden keine IP-Adressen gespeichert – der Verein kann nichts zurückverfolgen und er schaltet keine Dritten ein, außer es wird von den hilfesuchenden Jungen ausdrücklich gewünscht. „Unser Team unterliegt der Schweigepflicht, die Anonymität ist für die Jungen sehr wichtig“, sagt der Sozialpädagoge Patrick Herzog von Antihelden. Die Opfer brauchen den Schutz der Anonymität, denn von den Tätern werden gerne Drohungen ausgesprochen wie: „Wenn du das jemandem erzählst, dann stirbt deine Mutter“.

„Die Jungen nutzen bewusst den digitalen Raum im Chat, da sie dort komplett anonym sein können – ohne die Sorge, erkannt zu werden. Das Geheimnis bleibt so gewahrt, kann dort aber besprochen und ausgehalten werden. Genau das ist die Basis, auf der wir aufbauen und frühzeitig intervenieren können“, so Herzog.

Durchschnittlich betreut das Team von Antihelden acht Chats pro Woche. Hinzu kommen individuelle Einzeltermine. Die Beratung ist kostenfrei.