Hubertus Schwinge ist vor wenigen Wochen mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden. Foto: factum/Archiv

Hubertus Schwinge wird gehört in der Stadt. Seine Musik erklingt in Konzerten, seine Worte haben Gewicht – ob es dabei um die Bürgerstiftung oder aber die Schulmusik geht. Das hat nun auch der Bundespräsident gewürdigt. Schwinge hat ein zentrales Anliegen.

Ditzingen - Allabendlich klingt in diesen Wochen irgendwo von irgendeinem Balkon Beethovens Ode an der Freude. Und Igor Levit, der Starpianist, gibt strumpfsockig allabendlich Wohnzimmerkonzerte, denen Tausende auf Twitter lauschen. Hubertus Schwinge indes macht in dieser Zeit der großen Unruhe im Land auch weiterhin, was er schon vor langer Zeit lieb gewonnen hat: Er lauscht Konzerten hochrangiger Musiker auf Youtube.

Schwinge weiß um die wohltuende Wirkung von Musik, die auch als solche wahrgenommen wird – von Musik also, die nicht nebenbei im Radio läuft, die nicht als Dauerberieselung im Kaufhaus zu hören ist. Für Musik habe man sich Zeit zu nehmen, so wie man sie sich nimmt, um ein Buch zu lesen. Dann entfalte die Musik ihre Wirkung, dann könne sie auch zum Anker werden für Menschen, die verunsichert sind. So wie in diesen Tagen. „Jeder ist aus seiner normalen Situation herausgerissen.“ Das hat laut Schwinge zur Folge, dass man aufmerksamer werde, auch anders hinhöre.

Mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet

Das jedenfalls vermutet der Ditzinger Komponist. Er, der Vorsitzende des Trägervereins der Ditzinger Jugendmusikschule, würde niemals behaupten, die Wahrheit zu kennen und eine einzig gültige Antwort geben zu können. Vielleicht sind es gerade die leisen Töne, die über all die Jahre dazu geführt haben, dass man ihm, dem Fördervereinsvorsitzenden der Jugendmusikschule im Ort, zuhört. Mit seinen Worten, mit seinem Tun prägt er die Ditzinger Gesellschaft so sehr, dass dies auch außerhalb der Ortsgrenzen anerkannt wird. Vor wenigen Wochen wurde Hubertus Schwinge mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

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Dabei findet der Initiator der Ditzinger Bürgerstiftung durchaus auch deutliche Worte; etwa wenn er dafür wirbt, der Musik einen höheren Stellenwert in der Gesellschaft einzuräumen. „Musikunterricht muss sein. Ich bin hoffnungsfroh, dass das Land das jetzt begriffen hat.“ Es genügt ihm nicht, sich daran zu freuen, dass Musik wieder als eigenständiges Fach in der Grundschule unterrichtet wird. Schwinge denkt die Themen weiter. In diesem Fall fehlten nun nach der langen Zeit, in der Musik lediglich eine Komponente des Fachs Menuk war, die Lehrkräfte. Sie werden gerade erst wieder ausgebildet.

Über E- und U-Musik

Doch sie sind unabdingbar, wenn die Schüler wenigstens einen Eindruck davon bekommen sollen, was Musik ausmacht. Von Rhythmik und Harmonie also, von Struktur im Musikstück, sodass es beispielsweise Zeit Halt geben kann. „Wir brauchen Lehrer, damit Kinder und Erwachsene Musik besser verstehen können“, sagt Schwinge, denn „das ist uns verloren gegangen“. Er selbst legt Wert auf handwerklich gut gemachte Musik und lehnt vielleicht gerade deshalb die Unterscheidung in E- und U-Musik ab. „Es gibt gute Unterhaltungsmusik und schlechte ernste Musik“, meint Schwinge.

Um gute Musik zu hören, gar zu genießen, bedarf es nicht immer eines Konzertsaals. Schwinge weiß das aus eigener Erfahrung, wenn er im Internet auf Youtube klassischen Konzerten folgt. Es freut ihn, dass Igor Levit auf Twitter ein großes Publikum hat, dass es gelang, Theodor Currentzis als Chef des SWR- Symphonieorchesters nach Stuttgart zu holen. Aber dieses Feuer könne nur langfristig brennen, wenn es dafür auch eine musikalische Basis gebe.

Dafür müsse die Jugendmusikschule die Kinder, aber auch die Erwachsenen erreichen. Der Kontakt zu den Eltern der Kinder im Rhythmikunterricht etwa sei zuletzt distanzierter geworden, hat er beobachtet. Wobei sich dies in diesen Tagen vielleicht wieder verändert: Die Einrichtung bietet unter anderem musikalische Spiele für die ganze Familie an.