Für seine Zivilcourage ausgezeichnet: Mustafa Özyakan (links) und Michael Albert, er ist der Busfahrer des Jahres Foto: Werner Kuhnle

Der Verkehrsverbund Stuttgart hat zwei Busfahrer ausgezeichnet: Mustafa Özyakan und Michael Albert haben Mut bewiesen – und mit ihrem Einsatz womöglich Leben gerettet.

Ein Albtraummoment für Busfahrer Mustafa Özyakan: Der 38-Jährige fährt um die Mittagszeit auf seiner Route mit der Linie 425 durch Ludwigsburg, als er kurz nach dem Kreisverkehr von der Comburgstraße kommend ein kleines Kind allein zwischen zwei parkenden Autos sieht. In Sekundenschnelle erkennt Özyakan, selbst Vater von zwei kleinen Kindern, in welcher Gefahr das etwa anderthalbjährige Mädchen schwebt. „Ich habe sofort angehalten, die Bustüren aufgemacht und die vorbeifahrenden Autos gestoppt. Dann bin ich langsam zu dem Kind gegangen, um es nicht zu erschrecken“, erzählt Özyakan, der seit zehn Jahren als Busfahrer arbeitet und für das Unternehmen LVL Jäger im Einsatz ist.

 

Vorsichtig, um ihm keine Angst zu machen, nimmt er das Mädchen auf den Arm und bringt es in Sicherheit. Als Mustafa Özyakan sich noch umschaut, ob irgendwo in den umliegenden Häusern eine Tür offensteht, sieht er zwei Frauen auf sich zurennen: Mutter und Tante des Mädchens. „Sie haben geweint, als sie das Kind in Empfang genommen haben“, erinnert sich Özyakan.

Mustafa Özyakan hat sich besonders über den Applaus der Fahrgäste nach seiner Hilfsaktion gefreut. Foto: Werner Kuhnle

Fahrgäste im Bus applaudieren – trotz der Verspätung

Für sein beherztes und umsichtiges Verhalten hat der VVS (Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart) Mustafa Özyakan mit dem VVS-Zivilcouragepreis ausgezeichnet. In Zeiten, in denen Menschen oft wegschauten, anstatt zu handeln, habe er ein deutliches Zeichen der Zivilcourage gesetzt, begründet die VVS-Geschäftsführerin Cornelia Christian die Entscheidung bei der Preisverleihung auf dem Betriebshof LVL in Ludwigsburg. Frank Metzger, der LVL-Betriebsleiter, ist stolz auf seinen Mitarbeiter und lobt das Einfühlungsvermögen und die Umsicht, die sein Fahrer bewiesen hat: Manchmal sei es einfach zweitrangig, ob der Fahrplan eingehalten wird, sagte er.

Mustafa Özyakan erzählt, dass er sich besonders über die Reaktion der Fahrgäste nach der Rettung des kleinen Mädchens gefreut habe: „Alle haben applaudiert. Sogar die Autofahrer, die ich angehalten habe“. Und das, obwohl sich ein langer Stau gebildet hatte. Sein Appell: „Immer vorausschauend denken und schnell handeln, wenn man so ein kleines Kind ohne Erwachsene in der Nähe sieht“.

Als er von seiner Auszeichnung erfahren hat, war Özyakan, der in Tamm lebt, erstmal überrascht: „Für mich ist es ganz selbstverständlich und nichts Besonderes, anderen zu helfen oder auch mal bei Auseinandersetzungen einzugreifen“, sagt er.

Busfahrer Michael Albert hilft verletztem Mann an Bushaltestelle

Nach demselben Prinzip handelt auch Michael Albert, den eine Jury aus Vertretern des VVS, der Verbundlandkreise und regionale Busunternehmen zum „Busfahrer des Jahres 2024“ im Landkreis Ludwigsburg gekürt hat. In einer schwierigen Situation an einem Sonntagnachmittag – ein älterer Mann ist an einer Bushaltestelle auf Michael Alberts Route verletzt zusammengebrochen – bewies der 53-Jährige Umsicht und Courage: Er hielt an, half dem Mann und wartete, bis der Rettungswagen eintraf. Die Verspätung nahm er in Kauf: „Da gibt es gar nichts zu überlegen“, sagte er.

Seit 24 Jahren fährt Michael Albert Bus, 18 Jahre davon im Reiseverkehr durch ganz Europa, jetzt im Linienverkehr im Bottwartal. Freundlichkeit und Zuverlässigkeit nennt der Ludwigsburger als zwei der wichtigsten Werte in seinem Beruf, den er „mit Freude und Leidenschaft“ ausübe.

Michael Albert fährt seit 24 Jahren Bus – und setzt auf Freundlichkeit. Foto: Werner Kuhnle

Großer Dank an die ausgezeichneten Busfahrer

Jürgen Vogt, der Verkehrsdezernent des Landkreises Ludwigsburg nutzte die Preisverleihung, um gleich für den Beruf des Busfahrers zu werben: „Ein schöner Beruf, man ist unterwegs, sieht etwas und sitzt nicht nur am Schreibtisch“. Vogt betonte, dass der Kreis Ludwigsburg sein ÖPNV-Angebot ausbauen und verbessern möchte. Deswegen sei ihm wichtig, für Nachwuchs für den Beruf des Busfahrers zu gewinnen. Er bedankte sich bei den beiden Ausgezeichneten für ihr Engagement: „Wir sind sehr stolz auf Sie“, sagte er.

Andreas Kühner, Geschäftsführender Gesellschafter des Busunternehmens Friedrich Gross, bei dem Michael Albert angestellt ist, betonte den „Faktor Mensch“ im Busverkehr: „Jeder Tag im Omnibus ist anders. Für uns ist entscheidend, dass am Steuer Menschen sitzen, die nicht nur das Fahrzeug beherrschen, sondern auf solche Alltagssituationen, wie Herr Albert sie mit dem verunglückten Mann erlebt hat, menschlich reagieren“.

Wieso wird man Busfahrer?

Die Freude und Motivation an seinem Beruf beschreibt der frisch gekürte Busfahrer des Jahres, Michael Albert, so: „Es macht einfach Spaß, sich ans Lenkrad zu setzen, zwölf Meter Bus hinter sich zu wissen und Menschen dabei zu haben, mit denen man auch ins Gespräch kommen kann“. Seine Erfahrung ist: „Wer lächelt, bekommt auch ein Lächeln zurück. Und das ist sehr viel wert und motiviert mich.“ Was spornt ihn noch an: „Den Fahrplan einzuhalten, bei den vielen Baustellen“.

Die beiden Preisträger dürfen sich über einen Einkaufsgutschein im Wert von 200 Euro freuen. Außerdem bekamen beide einen Geschenkekorb überreicht.

Wer wählt den „Busfahrer des Jahres“?

Busfahrer
 Seit 2004 verleiht der VVS den Titel „Busfahrer des Jahres“, dieses Jahr zum 21. Mal. Entscheidend sind die Fahrgäste: Sie können Busfahrer nominieren und ihre Wahl online einreichen. Eine Jury aus Vertretern des VVS, der Verbundlandkreise und der regionalen Busunternehmen wählt dann den Busfahrer oder die Busfahrerin des Jahres für jeden der fünf Verbundlandkreisen und für die Stadt Stuttgart aus.

Zivilcourage
Der VVS-Zivilcouragepreis wurde in diesem Jahr zum fünften Mal verliehen. Er wird an Menschen verliehen, die sich in besonderem Maße für andere Menschen im ÖPNV eingesetzt haben – egal ob Fahrgäste, Fahrpersonal oder Passanten.

Buslinien
 Im Landkreis Ludwigsburg gibt es 133 Buslinien, die von neun verschiedenen Verkehrsunternehmen betrieben werden. Sie bedienen mehr als 1100 Haltestellen. Pro Jahr nutzen mehr als 29 Millionen Fahrgäste die Busse im Landkreis Ludwigsburg.