Die Menschen in der Champagne sind stolz auf ihren Champagner, wie hier in dem Dorf Avize. Doch wegen der Corona-Pandemie steckt die Branche tief in der Krise. Foto: AP/Francois Mori

Die Winzer jubeln über die hohe Qualität der Ernte, auf der anderen Seite ist der Absatz des edlen Schaumweins eingebrochen

Paris - Für die Champagner-Hersteller ist 2020 ein Rekordjahr. Noch nie in der Geschichte wurde so früh im Jahr mit der Lese der Trauben begonnen. Die Weinbauern in der Aube machten sich bereits am 17. August an die Arbeit. Zudem werden die Kenner nicht müde, die außergewöhnliche Qualität der geernteten Trauben zu preisen. „Hitze, Trockenheit, ein schneller Reifungsprozess, hervorragende Gesundheit“, heißt es in einer Mitteilung des Comité Champagne zu Beginn der Weinlese geradezu euphorisch. „Genießen wir das, was uns die Natur schenkt und nutzen wir die Gelegenheit einen außergewöhnlichen Jahrgang zu produzieren.“

Es droht die größte Krise der Geschichte

Die Branche steht allerdings vor einem weiteren Rekord. Produzenten und Verkäufer droht die größte Krise ihrer Geschichte. Der Grund: während der Corona-Pandemie waren Bars, Restaurants und Nachtklubs über Monate geschlossen, der Verkauf des edlen Schaumweins bracht praktisch über Nacht in sich zusammen. Der Konzern LVMH, Weltmarktführer mit den Marken Moët&Chandon, Krug, Dom Pérignon oder Veuve Clicquot, verzeichnete im ersten Halbjahr einen Umsatzrückgang von rund 30 Prozent. Ähnliche Zahlen melden Lanson-BCC und Vranken Pommery. Zwar hat sich die Lage in Sachen Corona in der Gastronomie inzwischen wieder deutlich entspannt, die Branche kann allerdings keine Entwarnung geben. Auf das ganze Jahr gerechnet droht der Verkauf unter 200 Millionen Flaschen zu fallen. 2019 gingen noch rund 300 Millionen Flaschen über den Ladentisch.

Streit zwischen Winzern und Herstellern

Der Einbruch des Geschäftes führte kurz vor Erntebeginn im August zu einer erbitterten Auseinandersetzung zwischen Winzern und Champagner-Produzenten. Die großen Hersteller pochten auf eine deutliche Reduzierung der Menge der geernteten Trauben, die für das in der ganzen Welt begehrte Luxusgetränk aus dem speziell ausgewiesenen Champagner-Anbaugebiet rund um die Stadt Reims stammen müssen. Der Winzerverband SGV warnte hingegen davor, dass die Lebensgrundlage der Weinbauern auf dem Spiel stehen könnte.

Die Erntemengen werden jedes Jahr festgelegt, um einerseits das Risiko schlechter Ernten ausgleichen und andererseits die Gefahr von Preisschwankungen eindämmen, die den Produzenten gefährlich werden könnten. Während die Winzer in Erwartung der außergewöhnlich guten Ernte in diesem Jahr die Menge erhöhen wollten, klagte der Produzentenverband UMC unterdessen über volle Lager. Nach Angaben des Verbandes lägen bereits mehr als eine Milliarde Flaschen in den Kellern, theoretisch genug für mehrere Jahre. Das allerdings ist nicht ungewöhnlich, da die Hersteller in der Regel einen Vorrat für drei bis vier Jahren auf Lager haben.

Einigung in letzter Minute

Trotz der außergewöhnlichen Situation konnten sich die Partner in diesen Tagen förmlich in letzter Minute doch noch einigen. Wie der Winzerverband mitteilte, wurde eine Höchstmenge von 8000 Kilogramm pro Hektar festgelegt. Das entspricht einer Produktionsmenge von 230 Millionen Flaschen. Der Präsident des Winzerverbandes, Maxime Toubard, sprach sichtlich erleichtert von einer „gerechten Entscheidung“.

Allerdings fragt sich die gesamte Branche, welche langfristigen Auswirkungen die Corona-Pandemie auf den Champagner-Konsum haben wird. Experten rechnen damit, dass der aktuelle Einbruch schlimmer wird, als während Finanzkrise im Jahr 2008. Damals fiel der Verkauf von einem Rekordhoch im Jahr 2007 von 338 Millionen Flaschen auf bis unter 200 Millionen in den Folgejahren. „Sehr wahrscheinlich wird diese Krise für viele Jahre einen negativen Effekt auf die Branche haben“, vermutet das Comité Champagne in einer Mitteilung.

Suche nach Wegen aus der Krise

Inzwischen wird in der Branche auch schon überlegt, ob angesichts der Krise nicht das Marketing des Champagners verändert werden muss. Bisher habe man bei der Werbung vor allem auf Feste abgezielt, vielleicht müsse man in Zukunft vor allem die Qualität der Produkte oder den nachhaltigen Anbau hervorheben. Das halten einige allerdings schlicht für Unsinn. In diesem außergewöhnlichen Sommer sei den Menschen schlicht nicht zum Feiern zumute, wendet ein Champagner-Hersteller ein. Das werde sich wieder ändern und es werde auch in Zukunft wieder Anlässe geben, Fest zu feiern - man müsse eben nur abwarten.