Vor der Christuskirche in Korntal ist im Herbst gegen die Kürzung protestiert worden. Foto: factum/Bach

Vier Stellen werden gestrichen – fast jede evangelische Gemeinde im Bezirk leidet unter dem Diktat der Kürzungsbeschlüsse. Schöckingen verliert seinen Pfarrer komplett.

Strohgäu - D ie Schöckinger trifft es am Schlimmsten: Die evangelische Kirchengemeinde mit ihren 800 Seelen im kleinsten Ditzinger Stadtteil wird spätestens 2024 keinen eigenen Pfarrer mehr haben. Dieser sitzt dann im benachbarten Heimerdingen. So steht es im Pfarrplan für den Bezirk Ditzingen, welchen die Bezirkssynode nach vielen Beratungen beschlossen hat. Die Auswirkungen der neuen Kürzungsrunde in der Landeskirche treffen fast alle der 13 Kirchengemeinden des Strohgäu-Bezirks: Insgesamt sind vier von 19 Pfarrerstellen zu streichen.

„Es ist eine Härte“, sagt der Ditzinger Dekan Friedrich Zimmermann. In der Stadt Ditzingen, die den ersten Distrikt des Bezirks bildet, fällt bis in sechs Jahren nicht nur das Pfarramt in Schöckingen weg, das erst im September 2017 neu besetzt wurde. Auch die bisherige halbe Pfarrstelle Ditzingen-Ost wird gestrichen. Die Synode, die mit Laien und Pfarrern besetzte Vertretung der 13 Kirchengemeinden im Bezirk, habe über die Vorgaben des Oberkirchenrats „ordentlich, sehr konstruktiv und bemüht“ diskutiert. Es sei schnell klar gewesen, dass an der Vorgabe „minus vier Stellen“ nicht zu rütteln sei, so Zimmermann.

Auch die Kirchengemeinden in Gerlingen müssen reduzieren: An der Petrusgemeinde wird eine volle Stelle gestrichen, dafür wird die bisherige Dreiviertelstelle der benachbarten Lukasgemeinde zum 100-Prozent-Auftrag. Beide Gemeinden fusionieren zum 1. Dezember 2019. Dieser Termin wurde gewählt, weil da Kirchengemeinderatswahlen stattfinden. Der Dekan hält die Fusion für gut, die Gerlinger seien „sehr zielstrebig“ vorgegangen.

„Eine Katastrophe für Münchingen“

In Korntal-Münchingen, dem dritten Distrikt des Kirchenbezirks, werden zwei 50-Prozent- Stellen gestrichen: Eine halbe für Münchingen und Kallenberg – was „eine Katastrophe für Münchingen“ sei, so der Pfarrer Martin Hirschmüller in einer der Beratungen. Die zweite halbe Stelle ist die an der Christuskirche in Korntal.Die Gemeinde hat dagegen protestiert, auch mit Schweigekreisen vor der Kirche. Nach dem Votum der Bezirkssynode gibt die Gemeinde noch nicht auf. „Der Beschluss ist formal ein Vorschlag“, sagt der Pfarrer Ulrich Wiedenroth. Entscheiden werde die Landessynode. Wenn die halbe Stelle wegfalle, werde die Kirchengemeinde sehr groß für einen Pfarrer: Für 2024 seien mehr als 2600 Mitglieder prognostiziert, der Durchschnitt seien 2000. „Die Seelsorge wird leiden“, befürchtet Wiedenroth. Der Kirchengemeinderat hat an die Kirchenleitung und Mitglieder der Synode geschrieben mit der Bitte, diese Streichung nicht zu beschließen. „Wir hoffen, dass dies nicht mit einem großen Schweigen endet“, sagt Wiedenroth. Die Gemeinde muss aber jetzt schon über Veränderungen nachdenken: Nach dem zur Zeit noch gültigen Pfarrplan 2018 ist die zweite Stelle in Korntal von 75 auf 50 Prozent zu reduzieren.

Der vierte Distrikt umfasst Hemmingen, Schwieberdingen und Markgröningen. In Hemmingen ist ebenso eine halbe Stelle zu streichen wie in Schwieberdingen. „Uns war bewusst, dass dies kommen wird und unser Pfarramt Süd zur Disposition steht“, sagt die Hemminger Pfarrerin Silke Heckmann. „Dies hat niemanden überrascht, deshalb war der Frust nicht sehr hoch.“ Die Gemeinde werde immer kleiner, trotz des Neubaugebiets Hälde.

Auf der Suche nach Kooperationen

Man wolle versuchen, mit Doppelgottesdiensten die Belastung der Pfarrer zu reduzieren: An einem Sonntag ist in zwei Gemeinden nur ein Pfarrer im Dienst – der nacheinander Gottesdienst hält in zwei Kirchen. An Festen mit einem zweiten Feiertag, wie Pfingsten, ist an diesem nur ein Gottesdienst für mehrere Gemeinden. Zudem diskutiere man Kooperationen in den drei Orten; „Fusionen sind noch kein Thema“. In Hemmingen soll auch die Ökumene verstärkt werden. „Wir sind mit den Katholiken hier unkompliziert unterwegs“, berichtet Heckmann, „und wollen schauen, was man gemeinsam tun kann. Wir jammern nicht, sondern nehmen die Herausforderung mit Vertrauen an.“ Unverändert bleiben die Verhältnisse in Markgröningen.

Das Fazit des Dekans Zimmermann: „Wir müssen schauen, dass nicht nur der Laden läuft, sondern dass wir Pfarrer zum Anfassen bleiben. Ich will Zeit haben für die Leut’, wenn einer mit mir reden will.“