Das Münster in Straßburg: Touristenmagnet Foto: Fotolia

Wie lange bleiben die Touristen im Elsass? Aus welchen Ländern kommen sie? Besuchen sie erst Straßburg und dann die Elsässische Weinstraße? Von Januar an lässt die Elsass-Tourismus die Handy-Bewegungsprofile von Touristen in der Region anonym erfassen und auswerten.

Strassburg - Nur rund sieben Kilometer und der Rhein trennen die deutsche Stadt Kehl und das französische Straßburg. Doch dass man in Frankreich ist, merkt man sofort: nicht nur an der Sprache. Auch an den kleinen überfüllten Straßencafés, den engen Gässchen und dem bunten Treiben auf dem Marktplatz. So zieht es nicht nur alle paar Wochen die Abgeordneten des Europäischen Parlamentes in die kleine Stadt im Elsass, auch Tausende Touristen strömen in die französische Stadt.

Rund 125 000 Besucher zählte Straßburg allein diesen Sommer. Auch die Museen waren zufrieden: Etwa 90 000 Besucher flanierten durch die Ausstellungen – 28 Prozent mehr als 2013. Doch manche Frage könnten diese Zahlen nicht klären: Wie lange bleiben die Touristen im Elsass? Aus welchen Ländern kommen sie? Besuchen sie erst Straßburg und dann die Elsässische Weinstraße? Wo essen sie zu Mittag? Besuchen sie in der Adventszeit lieber den Weihnachtsmarkt in Straßburg oder lieber den in Colmar?

Auf all diese Fragen hatte die Elsass-Tourismus, die vor kurzem mit der Wirtschaftsfördergesellschaft Elsass zur neu gegründeten Agence de l’Attractivité d’Alsace (AAA) unter einem Dach vereint wurde, bislang nur relativ ungenaue Antworten, die sich aus den Befragungen von Hoteliers, Gastronomen, Zeltplatzbetreibern und der Verwaltung von Sehenswürdigkeiten ergaben.

Von Mitte Januar kommenden Jahres an steht der Elsass-Tourismus ein viel genaueres Instrument zur Verfügung: Im Elsass wie in zehn weiteren französischen Regionen können die Tourismusverbände dann auf Bewegungsprofile von Touristen und Einheimischen zurückgreifen, die sich mit ihrem Handy im Netz des Mobilfunkanbieters Orange, einer Tochter von France Télécom, einloggen.

Mit dem gewonnenen Datenpool erhoffen sich die Verantwortlichen genauere Informationen darüber, was die Urlaubsgäste interessiert, woher sie kommen, wie lange sie bleiben und welche Sehenswürdigkeiten in einer Stadt sie in welcher Reihenfolge besuchen und wie viel Zeit sie dort verbringen. Damit erhofft sich die Tourismusbranche neue Erkenntnisse für das Standort- und Tourismusmarketing. Bisher für richtig gehaltene Informationen könnten über den Haufen geworfen werden.

Das Projekt heißt „Orange Flux Vision“ und stützt sich darauf, dass ein Handy alle drei Minuten ein Signal an den nächstgelegenen Mobilfunkmast sendet. „Wir bekommen damit eine fantastische Möglichkeit, die Touristenströme besser zu analysieren, was bisher nicht möglich war“, sagt Benoît Gagneux vom Elsässischen Observatorium für Tourismus, kurz ORT. Bislang hätte das ORT nur das erfahren, wonach man gefragt habe. Mit den gewonnenen Daten bekämen die Region Elsass und die AAA Entscheidungshilfe für die Tourismuswerbung und die Raumplanung. Es sei etwa denkbar, dass Zugverbindungen zu bestimmten Tages- und Jahreszeiten ausgebaut oder reduziert werden müssten.

Allein für das Elsass kostet „Orange Flux Vision“ jährlich 30 000 Euro, die vor allem von der Region und zu kleinen Teilen von den beiden elsässischen Departements Haut-Rhin und Bas-Rhin finanziert werden.

Die Gefahr, dass durch das Handy-Projekt der Datenschutz bedroht werde, sieht Gagneux nicht: „Die Daten sind völlig anonymisiert, darauf hat die Datenschutzbehörde CNIL peinlichst genau geachtet. Wir sind mit dem, was wir sammeln, Chorknaben im Vergleich zu Facebook, Google oder Amazon, denen die Benutzer freiwillig deutlich mehr Privates von sich preisgeben.“