Neil Cooke, Maxwell Tasman und Gerald Watson (von links) bauen ein Haus aus Blutholz und Wellblech. Foto: Ines Rudel

Drei australische Künstler bauen zur Zeit in der Villa Merkel die Ausstellung „Networking the unseen – das Ungesehene vernetzen“ auf. Unter der Federführung von Gretta Louw zeigen sie moderne und traditionelle Kunst der Ureinwohner Australiens.

Esslingen - Holz ist wichtig: Das schwere Mulga nimmt man, um ein Känguru zu erschlagen, das leichte Coloomon, um eine Kindertrage oder einen Wassereimer zu bauen. Das Blutholz, wie sie es nennen, bildet die Stangen des Hauses, das drei australische Künstler gerade in der Villa Merkel in Esslingen aufbauen. Beplankt ist es mit Wellblech, auf das Tiere und Muster gemalt sind. Die Regenbogenschlange symbolisiert die Erde, fünf verbundene Punkte stehen für Traumpfade: der Pfad des Wassers, der Pfad der Buschbanane oder der Pfad des Feuers. Unter der Federführung von der diesjährigen Bahnwärterstipendiatin Gretta Louw gestalten sie gerade die Ausstellung die am 20. Dezember beginnt.

Gretta Louw hat mit den traditionellen Motiven der Aborigines eine Fotowand gestaltet. Zu ihren Füßen ruht eine große Eidechse aus Stahlrohr und Fahrradketten, bemalt mit Ocker und roten Punkten. Die drei Künstler Maxwell Tapanangka Tasman, Neil Jupurrula Cooke und Gerald Tanpijinpa Watson sind Mitarbeiter des Warnayaka Kunstzentrums in der Tanami Provinz im Northern Territory. Für dieses Kunstzentrum arbeitet auch Gretta Louw, die gebürtige Australierin die in München lebt.

Die Künstler kommen aus dem Northern Territory

Für die Europäer ist ein Haus ein Lebensmittelpunkt für Generationen. Für die Aborigines nicht mehr als ein Wimpernschlag. Sie wurden in den 50er-Jahren von der Regierung gezwungen, Häuser zu bauen, davor lebten sie im Busch. Das Haus hat sie entfremdet von den Sternen und von der Erde, dem Körper der Regenbogenschlange. Neil erklärt, dass sie sich mit Erde bemalen, um sich mit der Regenbogenschlange verbunden zu fühlen und unter ihrem Schutz bösen Geistern zu trotzen. Selbst die Schuhe, die sie tragen, sind ihnen nicht geheuer. Barfuß haben sie Kontakt zur Erde, ihrem Haus.

Mitten im Aufbaugetümmel, zwischen Akkuschraubern und Kameraklicken wird es kurz still. Die drei Männer stehen schweigend vor einer Blutholzstange. Sie reden nicht, um sich nicht einzugestehen, dass sie Heimweh haben. Dann sprechen sie von den Zeremonien, bei denen sie ihre Häuser für die Initiationsriten verlassen, um Knaben zu Männern zu machen. Neil zeigt auf dem Computer ein Stück südliche Milchstraße, in der die Aborigines ein großes Emu erkennen, den Lehrer der Menschheit. Hier in Deutschland hat er die „Sieben Schwestern“ gesehen, damit meint er die Plejaden, eine Verbindung ans andere Ende der Welt, die einzige. „Nein, das ist nicht unsere Erde hier“, sagt er deutlich.

Jede ältere weibliche Verwandte heißt Mutter

Jeder Australier hat drei Namen: einen englischen Vor- und Zunamen und einen Skin-Namen, einen „Haut-Namen“. Er regelt ihr Verwandtschaftsverhältnis, aber auch wen sie heiraten dürfen. Weil sie traditionell keine Häuser haben, sind ihre Familien groß, jede ältere weibliche Verwandte nennen sie „Mutter“ und behandeln sie auch so. Maxwell ist zum ersten Mal im Ausland. „Ich wollte von mir erzählen und der Geschichte meines Volkes“, sagt er. Am Montag fliegt er mit seinen Kollegen wieder zurück nach Australien, aber etwas von der Geschichte seines Volkes wird bleiben.