Seit Wochen wüten im Osten Australiens verheerende Brände. Deutsche Urlauber wollen trotz allem nicht auf ihre Reisen verzichten und ändern ihre Routen. Ein Experte berichtet.
Stuttgart - Das Telefon klingelt derzeit oft bei Wilfried Roggenkamp. Meist sind besorgte Kunden dran, die bei ihm eine Reise nach Australien gebucht haben, wo seit Wochen verheerende Brände wüten. Seit 40 Jahren bietet der Geschäftsführer von Australia Travelteam aus Gröbenzell bei München Reisen auf den Fünften Kontinent und nach Neuseeland an. Von Samstag an wird er auch auf der CMT in Stuttgart mit einem Stand vertreten sein.
Ausweichgebiete teilweise überfüllt
Eine Reise storniert hat bisher niemand, sagt er. Die Urlauber hätten den Australien-Besuch in der Regel von langer Hand geplant und wollten das Land nun auch sehen, das ja groß genug sei, um auszuweichen. „In den vergangenen drei Wochen habe ich rund 200 Umbuchungen gemacht“, sagt Roggenkamp. Statt an die begehrten Küstenabschnitte von New South Wales oder nach Victoria reisen die Touristen jetzt nach Perth im Westen. Auch hier gibt es Sandstrände und Weingebiete. Und statt an der schönen Küste von Sydney nach Melbourne zu fahren, führt die Route jetzt eben durch das Landesinnere. Allerdings sind Ausflugsgebiete wie etwa der Grampians-Nationalpark westlich von Melbourne, wo es kürzlich regnete, schon recht überfüllt – auch die Australier haben momentan Urlaub und sind auf der Suche nach sicheren Gebieten. Von Sydney aus gebe es hingegen schon wieder vereinzelt Touren in den Blue- Mountains-Nationalpark, so Roggenkamp. „Der Norden und Kearns hingegen sind auch keine Alternative – dort ist gerade Regenzeit“, sagt Roggenkamp, der zudem damit beschäftigt ist, die Kunden, die vor Ort sind, aus den betroffenen Gebieten in Sicherheit zu bringen.
Er selbst kennt Australien gut, hat das Land schon 70-mal bereist. „Feuer gibt es jedes Jahr in Australien“, sagt Roggenkamp, „aber nicht so.“ Seit Beginn der immensen Buschfeuer im Oktober ist eine gigantische Fläche, größer als die Niederlande, verbrannt. Mindestens 26 Menschen kamen ums Leben. „Mir tun auch die vielen Tiere leid, die dem Feuer zum Opfer gefallen sind“, sagt er. Das vergangene Jahr war das heißeste und trockenste aller Zeiten in Australien. Das teilte der amtliche Wetterdienst des feuergeplagten Landes am Donnerstag mit. Der Zusammenhang zwischen den Bränden, dem fehlenden Regen und den hohen Temperaturen sei offensichtlich. Das bestätigt auch der Australien-Experte aus München: „Die Feuersaison hat 2019 zudem außergewöhnlich früh und heftig begonnen. Das gilt auch für die extrem heißen Temperaturen, die sonst erst im Februar einsetzen.“ Selbst in Regionen, die nicht direkt von den Bränden betroffen sind, erschwert die Luftverschmutzung das Atmen. Das spürt man auch in Sydney. Dort sind die Gästezahlen laut australischem Hotellerieverband im Dezember um zehn Prozent eingebrochen.
Wo sich Urlauber informieren können
Das Auswärtige Amt hat am 6. Januar seine Reise- und Sicherheitshinweise erneut angepasst. Auf der Webseite der Behörde wird auf die Brände allerdings lediglich hingewiesen, es gibt keine Reisewarnung, die für eine kostenfreie Stornierung etwa eines Flugs oder Hotels auch für Individualreisende nötig wäre. Dort gibt es zudem Informationen über die Webportale der Behörden der jeweiligen Bundesstaaten wie New South Wales Fire Service, Queensland Rural Fire Service oder Emergency Victoria. Wo es in Australien aktuell brennt, ist auf einer Karte unter Myfirewatch.landgate.wa.gov.au zu sehen. Auch der australische Wetterdienst gibt Auskunft über die neuesten Brandwarnungen: www.bom.gov.au.
Trotz der Katastrophe ist das Urlaubsland Australien auch vom 11. bis 19. Januar auf der CMT in den Hallen der Landesmesse Stuttgart vertreten. Wilfried Roggenkamp ist mit seinem Stand vor Ort (Halle acht) – wie auch 25 weitere Anbieter, die Australien mit in ihrem Programm haben. „Ideal ist die Situation nicht, aber ich habe aufgehört, mir Sorgen zu machen“, sagt Roggenkamp. Zum einen würden Reisen nach Australien nicht spontan auf der Messe, sondern langfristig gebucht, zum anderen habe er schon schlimmere Zeiten erlebt. „Als 2012 die Vogelgrippe in Australien ausgebrochen war, wollte gar niemand mehr dahinfliegen“, sagt er. Den Touristen, die aktuell nach Down Under reisen, gibt er noch einen wichtigen Tipp mit auf den Weg: „Das Erste, was man in Australien braucht, ist Geduld. Die Menschen dort sind hervorragende Gastgeber, aber es geht eben alles etwas langsamer als bei uns.“