Hellen Bühler und Nikola Giek unterstützen die achtjährige Nachwuchsturnerin Gemma-Lee. Foto: privat/Nikola Giek

Neun Wochen lang haben Hellen Bühler und Nikola Giek aus Weinstadt in Namibia Sportunterricht gegeben. Jetzt übernehmen sie eine Patenschaft.

Otjiwarongo und Swakopmund, das sind die Stationen in Namibia gewesen, an denen im Herbst des vergangenen Jahres zwei angehende Sportpädagogen und aktive Turntrainer der SG Weinstadt im Rahmen eines Austauschprogramms Sportunterricht unter ganz besonderen Bedingungen gegeben haben. Ein Resultat dessen, was sie im Rahmen des Projektes unter dem Motto „Turnerlebnis Namibia“ erlebt und als Bericht auch dem Deutschen Turnerbund (DTB) zur Verfügung gestellt haben: Hellen Bühler und Nikola Giek werden zusammen mit den Betreuern des SG-Zeltlagers Edelmannshof eine Sportpatenschaft für eines der Kinder übernehmen, die sie im Herbst in Namibia sportlich betreut haben.

 

Sport in angemieteter Messehalle

„Wir wussten nicht viel über das, was auf uns zukommt“, sagt Hellen Bühler über den Start für die neun Wochen im Austauschprogramm zwischen DTB und Namibian Gymnastics. Sie hätten sich „ohne große Erwartungen, dafür mit umso größerer Vorfreude“ in den Flieger gesetzt, bestätigt Sport- und Lebensgefährte Nikola Giek. Nach längerer Reise sind sie in Otjiwarongo angekommen, einer kleinen Stadt nördlich der namibischen Hauptstadt Windhoek. Otjiwarongo ist die Heimat eines für deutsche Verhältnisse kleinen Turnvereins, der allerdings eine Art Sporthalle zur Verfügung hat – eine angemietete Messehalle auf dem Sportgelände der Stadt. Die erste Überraschung für die Gäste: Die fest installierten Sportgeräte waren durch die Bank weg neu. Die Hallenausstattung sei vor der Coronapandemie angeschafft worden, hieß es vor Ort. Die trainingstechnische Hürde: „Leider beschränkte sich das nur auf die Geräte. Und es waren keinerlei Materialien wie Springseile, Bälle oder Ähnliches vorhanden, um sie mit ins Training einbinden zu können.“

Insgesamt, sagen die SG-Trainer, verlaufe die Turnausbildung dort auf relativ niedrigem Level, angeleitet durch Eltern und einige ehemalige Turner. Die Kinder, die nach Lockerungen in der Pandemie noch im Training dabei waren, seien allerdings höchst motiviert gewesen – nachdem sie sich an „die Neuen“ gewöhnt hatten. Es wurde indes offenbar, dass der Verein einst weit mehr aktive Mitglieder hatte: „Viele Kinder hatten offenbar die Lust am Turnen über die Lockdowns verloren, und einige Familien hatten schlichtweg nicht mehr die finanziellen Mittel, das Training zu bezahlen.“

Nach dreieinhalb Wochen folgte im Austauschprogramm der Wechsel zum Swakopmund Gymnastics Club. Swakopmund, erzählen die beiden Sportler, mache mit der deutschen Architektur den Eindruck einer Stadt an der Ostsee. Und sie gilt als Hochburg für Turnen in Namibia. Die beiden wohnten dort bei einer der Initiatorinnen des Austausches: Valereis Geldenhuys – eine Pionierin des Turnsports in Namibia.

Kinder werden auch außerhalb des Sports unterstützt

Das Training des Gymnastic Clubs ist in „The Dome“, dem modernsten und größten Zentrum für Sport im südlichen Afrika. In der großen Halle sind mehrere Vereine und Sportarten untergebracht. Turnerisch sei dort alles vertreten, von Anfängern, die Grundlagen trainieren, bis zu Leistungsgruppen, die sich auf internationale Wettkämpfe vorbereiten. Der Verein kann sich vor Anfragen kaum retten und hat dank der Zusammenarbeit mit der Dongina Risser Gymnastics Foundation viele Mitglieder. Ungefähr die Hälfte der Kinder können nur mit der Unterstützung der Stiftung am Training teilnehmen. Die Stiftung übernimmt die Vereinsgebühren und organisiert den Transport zum Sport und wieder nach Hause. Zudem werden die Kinder außerhalb des Sports mit Schulmaterial und einem Abendessen nach dem Training unterstützt.

„Wie eine große Familie“

„Es war unglaublich inspirierend zu sehen, mit wie viel Engagement und Liebe die Trainer jeden Tag in die Halle kommen und sich für jedes Kind Zeit nehmen“, schwärmt das SG-Trainerpaar. Auch die Motivation der Kinder gehe über die normale Vereinsarbeit hinaus. „Das lässt sich nur als eine große Turnfamilie beschreiben.“

Die achtjährige Gemma-Lee war in einer Trainingsgruppe mit dabei, die von den deutschen Austauschtrainern betreut wurde. Der Vorschlag, für sie eine Patenschaft zu übernehmen, die ihr weiterhin Training und Versorgung garantiert, ist bei den Sportkameraden in Weinstadt gleich auf fruchtbaren Boden gefallen. Das Zeltlager, bei dem die beiden angehenden Sportpädagogen seit Jahren mit dabei sind, hat spontan beschlossen, die dafür nötigen 400 Euro im Jahr ins Budget mit einzuplanen.

Patenschaften der Dongina Risser Stiftung

Chancen
 Die Dongina Risser Gymnastics Foundation hat ihren Sitz in Swakopmund in Namibia. Sie unterstützt Kinder aus ärmlichen Verhältnissen. Das ursprüngliche Projekt hieß „Adopt-a- Gymnast“. Ziel ist es, Paten zu finden, um einem Kind die Möglichkeit zu geben, im Turnprogramm des Swakopmund Gymnastics Club aufgenommen zu werden. Neben Turnunterricht gehört auch die Unterstützung bei Schulausbildung und Essensversorgung mit zum Programm. Jährliche Spende je Kind: 400 Euro.

Philosophie
 Die Dongina Risser Stiftung ist davon überzeugt, dass jedes Kind die Möglichkeit haben sollte, Gymnastik ausüben zu dürfen, unabhängig vom soziokulturellen Hintergrund. Ziel ist es auch, dass das Kind Selbstvertrauen gewinnt und zielorientiert lernt. Das Programm ist nicht auf die Adoption von Kindern ausgerichtet.