Exponate sollen Besucher näher an das Wesen des Königs heranführen. Foto: Lg/Kovalenko

Eintauchen in die Welt des letzten Königs von Württemberg: Das bietet eine Sonderausstellung in Stuttgart.

Stuttgart - Wilhelm II. war ein nahbarer Bürgerkönig. Er parlierte auf den Straßen Stuttgarts mit seinen Untertanen, als wäre er einer von ihnen, und schenkte Kindern Süßigkeiten. Dieses Bild des letzten Regenten des Königreichs Württemberg ist zumindest weitverbreitet. Aber stimmt es auch? Eine große Sonderausstellung stellt diese Frage vom 2. Oktober bis zum 27. März 2022.

Genau genommen sind es zwei Ausstellungen, die aus einer Kooperation zwischen Stadtpalais und Hauptstaatsarchiv hervorgehen. „Wilhelm II. – König von Württemberg“ im Stadtpalais zeigt anhand von Bildern, kostbaren Schaustücken und historischen Dokumenten die prägendsten Stationen seines Lebens. „Im Kreise der Freunde: Wie Wilhelm wirklich war“ im Hauptstaatsarchiv zeigt den König, wie der Titel andeutet, durch die Linse seiner Freunde und Weggefährten, darunter Graf Zeppelin, der dem jungen König in seiner Militärzeit als Mentor diente, oder Julius Freiherr von Soden, der unter anderem als Gouverneur der deutschen Kolonien Kamerun und Deutsch-Ostafrika fungierte.

Kein Freund des Krieges

Am Beispiel des Militärs lässt sich die Zerrissenheit zeigen, die Wilhelms Leben in vielerlei Hinsicht prägte. „Er hat in zwei Kriegen gedient, wurde aber nie ein großer Kriegsfreund“, sagte Edith Neumann, stellvertretende Direktorin des Stadtpalais, am Dienstag im Rahmen einer Pressekonferenz. Auch mit den deutschen Kolonien konnte Wilhelm wenig anfangen, wusste gleichwohl um ihre Bedeutung als Wirtschaftsfaktor, von dem auch sein Königreich profitierte. Eine liebevolle und zugewandte Mutter-Sohn-Beziehung prägte Wilhelms Kindheit im Prinzenpalais – eine Ausnahme im Reigen der württembergischen Herrscher.

„Seine Kindheit war sehr glücklich im Vergleich zu jener der anderen Könige“, sagte Edith Neumann. Für das Stadtpalais sei die Ausstellung etwas ganz Besonderes, fügte Neumann an – schließlich finde sie in Wilhelms Privathaus statt. Doch Wilhelms Leben kannte auch allerlei Niederlagen, die oft durch höfische Zwänge herbeigeführt wurden. So konnte er seine langjährige Freundin, eine Göttinger Professorentochter, aus protokollarischen Gründen nicht heiraten.

Große Liebe zur Mutter

Die Liebe zur Mutter habe dazu geführt, dass er seine Rolle als Monarch spielte, obwohl er gerne seine eigenen Wege abseits der höfischen Zwänge gegangen wäre, sagte Albrecht Ernst, stellvertretender Leiter des Hauptstaatsarchivs. Ein Revolutionär steckte aber nicht in Wilhelm. „Er blieb seiner Rolle treu, setzte sich nicht über sie hinweg, obwohl er es gekonnt hätte“, sagte Edith Neumann. Letztlich sei Wilhelm trotz aller Jovialität ein in der Wolle gefärbter Adliger gewesen, dessen Diener die Räume im Palais in gebückter Haltung und rückwärts gehend verließen.

Wer Wilhelm nun aber „wirklich“ war, das dürfen Besucher anhand von Exponaten selbst herausfinden. Zum Beispiel anhand einer Tischhupe aus Leder und Hirschstangen, mit der der begeisterte Jäger Wilhelm Jagdgesellschaften zum Lachen brachte. Zwei Stühle aus Elfenbein führen den Besuchern den exquisiten Möbelgeschmack des Königs vor Augen. Die sogenannte Kamerun-Post, ein Blechspielzeug, bei dem ein Vogel Strauß eine Kutsche zieht, hatte der König einst einem Jungen aus Bebenhausen geschenkt. In die Gefühlswelt des Monarchen führen von einem Sprechkünstler vorgetragene Briefpassagen ein.