Hans-Jürgen Theinert hat die Vorlagen für Ilse Rose Stetters Bilder geliefert. Foto: Eppler

Mit tausenden Nadelstichen hat die Schorndorferin Ilse Rose Stetter faszinierende Farbkompositionen entstehen lassen – immer nach den Entwürfen ihres Mannes Hans-Jürgen Theinert. Der Kunstverein Schorndorf würdigt das Lebenswerk der verstorbenen Künstlerin mit einer Ausstellung.

Schorndorf - Wer in Handarbeiten einmal dazu verdonnert wurde, ein Nadelmäppchen mit mehr oder weniger gelungenen Stichen zu verzieren, der hat vielleicht den Anflug einer Ahnung davon, was Ilse Rose Stetter bei ihren Kunstwerken geleistet hat. Zwei Monate lang hat die Schorndorferin durchschnittlich benötigt, um mit Stickgarn und tausenden Stichen ihre 20 mal 20 Zentimeter großen Bilder zu schaffen, die von Freitag an in den Räumen der Laden-Galerie Feuer und Flamme zu sehen sind.

Ilse Rose Stetter und Hans-Jürgen Theinert wollten Farbe intensiver machen

Erfolgt ist das stets nach den Entwürfen ihres Mannes Hans-Jürgen Theinert, der wie sie selbst Grafiker war. „Wir haben uns überlegt, wie man Farbe intensiver machen kann“, erläutert der 89-Jährige den Ausgangspunkt der – wie er sagt – Spätwerke des Paars: „Wir waren beide über 50 Jahre alt, als wir damit angefangen haben.“ Zuerst experimentierten sie mit Komplementärkontrasten – etwa mit roten Quadraten in grünem Umfeld. „Dann haben wir gemerkt, dass die Stiche je nach Lichteinfall und Richtung ganz anders wirken“, erzählt Theinert. Der Effekt ist erstaunlich: Die Bilder leuchten, je nach Standort wechseln die Schattierungen, ergibt sich ein anderes Farbenspiel. Es entsteht Plastizität, obwohl die Fäden stets auf einer Ebene verlaufen.

Mit Handarbeiten hatte Ilse Rose Stetter eigentlich nichts am Hut – aufwendig bestickte Kleider aus Pakistan oder Indien inspirierten sie aber dazu, selbst zu Nadel und Faden zu greifen. „Aber sie hat Zeit ihres Lebens ganz genau gearbeitet, schließlich war sie von Beruf Retuscheurin“, erzählt ihr Mann.

Die Werke von Ilse Rose Stetter erschließen sich beim genauen Betrachten

Hans-Jürgen Theinert muss die Vergangenheitsform benutzen: Ilse Rose Stetter ist im vergangenen Jahr im Alter von 89 Jahren gestorben. Schon bei der Trauerfeier kam die Idee auf, noch einmal ihre Werke zu zeigen. Nun werden sie im Rahmen des Formats „Kunstverein außer Haus“ in der kleinen Galerie von Alexander Schenk gezeigt. Für ihn ist das eine besondere Ehre: „Mir gefallen ihre Werke schon seit langem. Ich habe ein Bild daheim im Treppenhaus hängen, und es vergeht kein Tag, an dem ich es mir nicht anschaue“, sagt er.

Tatsächlich erschließt sich die Faszination der Werke nicht beim flüchtigen Vorbeilaufen, sondern beim genauen Betrachten. Erst dann entdeckt man die unterschiedlichen Richtungen der Fadenverläufe oder den Perfektionismus von Ilse Rose Stetter. Einige Bilder wirken, als hätte sie willkürlich verschiedene Farben übereinander gestickt: „Aber es war ihr immer wichtig, dass die Bilder ganz gleichmäßig sind, dass nie eine Farbe in einer Ecke dominiert“, erläutert Hans-Jürgen Theinert. So mancher Fadenverlauf wurde wieder aufgetrennt, wenn er nicht den Vorstellungen der Künstlerin entsprach.

Fotos zeigen Ilse Rose Stetter in hohem Alter bei der Arbeit am Stickrahmen. „Sie hat die Geduld dafür gehabt, und ein stückweit war es für sie eine Meditation“, erinnert sich Hans-Jürgen Theinert.

Programm: Die Vernissage für die Ausstellung findet am Freitag, 29. März, um 19 Uhr in den Räumen von Feuer und Flamme, Gottlieb-Daimler-Straße 30, statt. Am Sonntag, 14. April, wäre die Künstlerin 90 Jahre alt geworden. Zu diesem Anlass gibt es um 15 Uhr Torte, Tee und Texte. Und zur Finissage am Sonntag, 5. Mai, gibt es um 15 Uhr ein Künstlergespräch.