Blick in die Ausstellung auf dem Weißenhof Foto: Thomas Fütterer

Die Mitglieder der Architekturgalerie am Weißenhof ziehen ein formalistisches Fazit des großen Jubiläums.

Stuttgart - Wie bei einem Küchengespräch nach durchgefeierter Nacht fühlt sich der Besucher der Architekturgalerie am Weißenhof. Unter dem Motto „Unser Bauhaus, später“ lässt man dort den großen Jubiläumsjubel zum 100. Geburtstag der 1919 gegründete Kunstschule ausklingen.

In persönlichen Statements denken die Mitglieder und Macher der Galerie (mehrheitlich selbst Architekten) darüber nach, was von Dessau übrig blieb. Nüchtern und zugleich etwas unaufgeräumt wirkt die von Skizzen, Fotos und Texten bestimmte Schau. Während zuletzt vor allem diskutiert wurde, ob Bauhaus-Konzepte auch in der aktuellen Wohnungsnot noch als Lösungsansätze dienen, kehrt die Abschlussbetrachtung der Weißenhofgalerie zur stilkritischen Würdigung von Walter Gropius und Co. zurück.

Wolfgang Schwarz etwa hat einige Ikonen der Entwerferschmiede auf einem Plakat zusammengestellt. Als dessen markantestes Erbe treten einmal mehr Quadrate und Kuben, flache Dächer und weiße Wände hervor.

Von der Dokumentation zur Narration

Rüdiger Krisch wiederum rollt einen fachlichen Disput der 20er Jahre auf: Was ist die bessere Lösung, um Licht ins Haus zu holen? Hochrechteckige Fenster oder die von Le Corbusier propagierten Langfenster mit horizontaler Ausrichtung? Die Kompromisslösung ist auch hier, wie könnte es anders sein, das Quadrat.

Den Sprung von der Dokumentation zur Narration wagt demgegenüber Klaus Jan Philipp. Seine Fotoserie zeigt ein ärmliches Haus in den Außenbezirken von Venedig. Neben dem Eingang parkt ein Rollstuhl, von der Fassade bröckelt der Putz. Ein Mädchen schaut verängstigt aus einem der Fenster. Ob es auf einen Architekten wartet, der das marode Gemäuer mit praktisch-frischem Bauhausgeist wachküsst? Oder zittert das Kind vor dem Investor, der die Familie unter dem Deckmantel der Modernisierung aus dem Haus vertreiben will? Auf jeden Fall bietet Philipp ein melancholisches Genrebild und damit die einzige echte Geschichte, die dieses ansonsten sehr formalistisch orientierte Fazit zu erzählen hat.

Bis 12. Januar, Am Weissenhof 30, Di-Fr 14-18, Sa, So 12-18 Uhr.