Diese goldenen Haarnadelköpfe gehörten zum Kopfschmuck der „Dame von Kirchheim“, die vor rund 800 Jahren starb. Foto: Horst Rudel

Eine Ausstellung des Landesdenkmalamts zeigt eine kleine archäologische Sensation. Denn eigentlich hatten die Wissenschaftler etwas ganz anderes gesucht.

Kirchheim/Teck - Den 4. August 2015 wird Angelika Matt-Heidecker nicht mehr vergessen. Am Mittag sei der Anruf gekommen, erzählt die Oberbürgermeisterin von Kirchheim/Teck (Kreis Esslingen): „Wir haben etwas Außergewöhnliches am Hegelesberg gefunden“, habe der Vertreter der Landesamts für Denkmalpflege gesagt. Sofort sei sie losgefahren, um zu erkunden, was die Archäologen kurz vor Abschluss ihrer zweijährigen großflächigen Ausgrabungen im Vorfeld der Erschließung des Gewerbegebiets entdeckt hatten. Noch heute, sagt sie, bekomme sie eine Gänsehaut, wenn sie an das dort Gesehene denke.

Denn die Archäologen waren auf das Grab einer reich mit Goldschmuck ausgestatteten keltischen Frau gestoßen, die wohl 575 Jahre vor Christus am Hegelesberg gelebt hat. Diese „kleine Sensation“, wie es der Landeskonservator Jörg Bofinger formuliert, steht nun im Mittelpunkt der sehenswerten Ausstellung „Steinzeitdorf und Keltengold. Archäologische Entdeckungen zwischen Alb und Neckar“. Sie wird am Freitag, 27. April, um 18.30 Uhr im Städtischen Museum im Kornhaus in der Kirchheimer May-Eyth-Straße eröffnet.

Die Ausstellung soll auf Reisen gehen

Dort wird die als Wanderausstellung konzipierte Schau bis zum 15. Juli zu sehen sein, ehe sie auf Reisen geht. Esslingen steht bereits als weitere Station fest. Aber auch in Hochdorf oder in anderen Gemeinden, in denen Archäologen auf keltische Funde gestoßen seien, könne er sich die Ausstellung gut vorstellen, sagt Bofinger.

Die „Dame vom Hegelesberg“ – wie sie Jörg Bofinger genannt hat – setzt die Goldfunde aus keltischen Frauengräbern fort. Zwei Funde – die aus Esslingen-Sirnau und aus dem Ditzinger Ortsteil Schöckingen – sind ebenfalls in der Kirchheimer Ausstellung zu sehen. Anders als in diesen beiden Fällen ist in Kirchheim vom Skelett der Verstorbenen keine Spur mehr übrig. Deshalb werde es voraussichtlich unmöglich sein, ihr Alter zum Todeszeitpunkt zu bestimmen. Sicher sei hingegen, dass es sich um eine sozial höher gestellte Frau gehandelt haben müsse.

Der Schmuck besteht nicht nur aus Gold, das wohl schon damals aus den Flüssen der Gegend gesiebt wurde, sondern auch aus Bronze und Gagat, also schon bei der Herstellung des Schmucks versteinertem Holz. Dieses, so haben die Wissenschaftler festgestellt, stammt vermutlich aus der Gegend rund um Holzmaden. Der mehrteilige Goldschmuck bestand aus sechs kleinen Schläfenringen und verzierten, stark deformierten Goldblechen, die ursprünglich eine Kugelform hatten. Solche Goldkugeln haben die Archäologen auch im Grab in Schöckingen gefunden.

Ein überraschendes Nebenprodukt

Der Keltenfund ist eher ein überraschendes Nebenprodukt der eigentlichen Arbeit der Archäologen in Kirchheim.Ursprünglich wollten die Wissenschaftler auf dem sieben Hektar großen Areal eine jungsteinzeitliche Siedlung untersuchen – und entdeckten tatsächlich nicht nur die Reste von 20 Langhäusern aus dem sechsten Jahrtausend vor Christus, sondern auch Spuren einer spätkeltischen Siedlung, die die Bedeutung der bereits in vorgeschichtlicher Zeit besiedelten Landschaft unterhalb der Teck und der Limburg belegt.

Ein Objekt, das in der Ausstellung zu sehen ist, will – zumindest auf den ersten Blick – so gar nicht in den Kontext passen. Zu sehen ist eine Drohne. Das Ausgrabungsgebiet am Hegelesberg ist das erste gewesen, bei der das Landesdenkmalamt dieses Hilfsmittel eingesetzt hat, um die Arbeit der Wissenschaftler zu erleichtern und große Datenmengen innerhalb kurzer Zeit sammeln zu können. Diese Drohne sei mittlerweile auch schon Geschichte, erzählt Jörg Bofinger. Mittlerweile seien die Nachfahren der dritten Generation über den Fundstellen im Land im Einsatz.