Ausgangspunkt der Werkserie von Sylvia Friedt und Beate Walter (r.) ist ein ausrangierter Kartenschrank der Oberforstdirektion von Bebenhausen. Foto: Susanne Müller-Baji

„Topografie des Lebens“: Sylvia Fiedt und Beate Walter stellen in der Bücherei aus. Die Arbeiten sind kritisch, ironisch, persönlich – und immer mit Hintergedanken. Zu sehen ist die Ausstellung noch bis zum 5. Juli.

Stammheim - Auseinandersetzung mit der bildenden Kunst: Was dabei entstehen kann, zeigen Sylvia Friedt und Beate Walter nun gekonnt in der Ausstellung „Topografie des Lebens“ in der Bücherei. Und es ist noch mehreren Zufällen zu verdanken, dass die Stammheimerin Sylvia Friedt und die Schorndorferin Beate Walter nun so erfolgreich zusammenarbeiten: Beide sind bei derselben Versicherung tätig, haben beide einmal Geografie studiert und setzen sich intensiv mit der bildenden Kunst auseinander – erst in der firmeneigenen Kreativgruppe, mittlerweile immer wöchentlich einen Tag lang im Atelier von Beate Walter.

Kritisch, ironisch, persönlich - und immer mit Hintergedanken

Als diese nun einen ausrangierten Kartenschrank der Oberforstdirektion in Bebenhausen kaufte, und damit auch einen Posten ausgeschiedenes Kartenmaterial übernahm, da gab es für die Beiden kein Halten mehr: Inspiriert von den Gemarkungsnahmen und von den Umrisslinien auf den Karten entstand eine ganze Werkserie, die sie als „Topografie des Lebens“ nach einer Schorndorfer Werkschau nun auch in Stammheim zu sehen ist. Es lohnt sich darin, genau hinzusehen: Die Arbeiten sind kritisch, ironisch, persönlich – und immer mit Hintergedanken.

Dann reckt bei Sylvia Friedt etwa ein niedlicher, grüner Elefant den Rüssel subversiv in Richtung Steueroase: Sind wir das alle, die wir auch gern mal was von den süßen Früchten der abhanden gekommenen Millionen abhätten? Ist das etwa der Fiskus, der sich mittlerweile genial zu tarnen weiß? Jedenfalls heißt die Arbeit lapidar: „Angriff auf das Establishment“. Ins Schwarze trifft auch Beate Walter in „Sonntagsbraten“: Links ein riesiger Braten mit Kilo-Sonderangebotspreis, den netten Osterhasen rechts davon friert es sichtlich ob der grausamen Aussicht: Muss man die Feiertage wirklich mit Unmengen Fleisch aus Massentierhaltung begehen? Und sie legt gleich noch eine zweite Arbeit nach, eine Collage: Neben Waldfee und Rehlein tummeln sich hier vor allem Fleisch-Bilder, ausgeschnitten aus den wöchentlichen Werbeblättern. „Wir lieben Lebensmittel“ steht darauf vermerkt – um auch die Fee hat mit einem Mal einen bösen Zug.

Waghalsige Farbkombinationen, pfiffige Ideen

So entdeckt man ein ums andere Mal Neues in dieser Gemeinschaftsausstellung. Im Treppenhaus stößt man etwa auf die Collage „Von Kreenried nach Litzelbach“. Das liegt offensichtlich nicht weit voneinander entfernt: „Andere sind immerhin von Kreenried nach Litzelbach gekommen“, sagt Sylvia Friedt ironisch: „Ich dagegen komme aus Stammheim und lebe jetzt auch wieder hier.“ Deshalb hat sie einige Schritte weiter auch eine eigene Topografie ersonnen: Von der Geburt in der Gemarkung „Schlupfen“ führt der künstlerische Weg durch Höhen und Tiefen, durchs „Wilde Ried“ bis in den „Riedwald“, aus dem die Künstlerin einen „Friedwald“ gemacht hat.

Waghalsige Farbkombinationen, pfiffige Ideen – der Rundgang durch den Veranstaltungssaal und durch das Treppenhaus der Bücherei macht gleichzeitig neugierig darauf, wie es in der persönlichen Topografie der beiden Künstlerinnen weitergeht. Beate Walter machte bei der Ausstellungseröffnung jedenfalls Hoffnung auf mehr: „Das Kartenmaterial reicht noch für die nächsten zehn Jahre“ – also genügend Material, weitere Herangehensweisen auszuprobieren.