Das Foto zeigt den Moment, als in 35 Kilometer Höhe der von Marie Lienhard in den Himmel geschickte und mit Geldscheinen befüllte Heliumballon Foto: Marie Lienhard

Marie Lienhard wollte Zehn-Euro-Scheine vom Himmel auf die Erde fallen lassen – doch es gab eine Panne.

S-Nord - Wenn am 5. Juli in Dresden die Ausstellung Ostrale 2013 eröffnet wird, steht die 35 Jahre alte Künstlerin Marie Lienhard mit ihrem politisch motivierten Kunstprojekt „world picture“ im Fokus der Öffentlichkeit – und mit ihr die Landeshauptstadt, die Wohn- und Wirkort der an der Kunstakademie Studierenden ist. Am Pfingstmontag hat Lienhard am frühen Morgen einen Heliumballon, in dem sich 100 Zehn-Euro-Scheine befanden, vom Gelände der Kunstakademie gen Himmel geschickt. Am Startplatz hatte die Künstlerin 100 Porträtfotografien platziert, die dem Ballon nachschauten– ebenso wie Lienhard und ihre Helfer sowie rund 20 Beobachter, die gespannt den Aufstieg des Ballons in die Stratosphäre verfolgten.

Hoch über Stuttgart, so die Idee der Künstlerin, sollte der Ballon, an dem ein Gestell mit mehreren Kameras befestigt war , zerplatzen. Dabei sollten die im Ballon befindlichen 100 Zehn-Euro-Scheine, die teilweise von Künstlern verziert worden waren , durch die Wucht der Explosion in die Stratosphäre verteilt werden und von dort langsam auf die Erde herniederregnen. „Alles hat auch hervorragend geklappt“, freut sich die Künstlerin und fügt diesem Satz ein „aber“ hinzu. Denn das Geld fiel nicht aus dem Himmel auf die Erde, „sondern ein Stück des Ballons wickelte sich um die Scheine und sie fielen komplett mit dem Gestell wieder auf den Boden“, sagt Marie Lienhard. Daher soll die Aktion im September, so ihr Plan, wiederholt werden. Zuvor aber wird die Kunstaktion auf der Ostrale 2013 vorgestellt. Die Geldscheine werden dort unter Sicherheitsglas gezeigt. „Das war anders geplant, aber ich musste mir eben etwas Anderes einfallen lassen“, sagt Lienhard.

Position für eine bedingungsloses Grundeinkommen

Sie will keine politische Künstlerin sein, sondern mit ihrer jüngsten Aktion nur Fragen aufwerfen. So versteht sie „world picture“, das im Kontext und als Teil eines weltumspannenden Kunstprojektes des Künstlers JR organisiert wurde, als eine Position für eine bedingungsloses Grundeinkommen, wie es auch Götz Werner, der Gründer der Drogeriemarktkette dm, fordert. Der hatte Lienhard den Impuls zu der Aktion gegeben – und auch einen von ihm signierten Zehn-Euro-Schein beigesteuert. Mehrere Kameras an dem Gestell, das Lienhard mit dem Ballon in die Luft gelassen hatte, haben den Flug dokumentiert – mit Video und Standbildern. Der Aufstieg des Ballons in 32 Kilometer Höhe dauerte anderthalb Stunden, die Rückkehr der Technik zur Erde rund 30 Minuten. An einem Fallschirm glitten Kameras und GPS-Sender samt dem Geld aus dem Himmel und landeten schließlich in Stein bei Pforzheim. Dort war es Lienhards neunjähriger Sohn Fynn, der das Gestell am Rand einer kleinen Straße entdeckte. Mit vier Autos hatten Lienhard, ihre Söhne Fynn und Leo sowie Helfer zuvor den Ballon auf einem vorberechneten Weg verfolgt.

„Spannend für mich ist, dass die Industrialisierung, die für viele Menschen auch bessere Lebensbedingungen gebracht hat, weil sie plötzlich Geld hatten, zur gleichen Zeit stattgefunden hat, wie der erste Einsatz einer Montgolfière“, sagt Lienhard, Sie findet es bedauerlich, dass es heute kaum ausreichend Arbeit für alle Menschen gibt. Daher hält sie ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle Bürger für eine gute Idee. Denn ehrenamtlich, so belegten es laut Lienhard Statistiken, würde inzwischen fast doppelt soviel Arbeit geleistet wie in allen bezahlten Jobs.