Schwankende „Bäume“ harmonieren mit den Kirchenfenstern. Foto:  

In Nürtingen gibt es ein Spiel mit der Poesie des Atems. Die Ausstellung in der Kreuzkirche dauert bis zum 28. Juli.

Nürtingen - Wer die Kreuzkirche in Nürtingen betritt, dem fällt erst einmal nichts Besonderes auf. Klar, da sind diese Stoffhüllen auf dem Boden, die aber im eingefallenen Zustand kaum Aufmerksamkeit erregen. Geht der Besucher allerdings weiter, dann setzt er über einen Bewegungsmelder ein künstlerisches Naturschauspiel in Gang, das die Künstler Bettina Bürkle und Klaus Illi „Ich atme für dich“ nennen. In die Objekte integrierte Ventilatoren blasen Luft in die Stoffhüllen, die aufwachen und sich allmählich zu einer imposanten raumgreifenden kinetischen Installation entwickeln.

Der Chor überrascht mit einem schwankenden Wald

Im Chor der Kreuzkirche bildet eine Gruppe von elf Objekten einen schwankenden Wald. Die von Bettina Bürkle eigenhändig genähten Stoffbäume treten in einen Dialog mit den Kirchenfenstern und dem sakral wirkenden Raum. „Das passt einfach hierher, die Kreuzkirche atmet in einer befreienden und wunderschönen Weise“, sagt die Nürtinger Kulturamtsleiterin über die Kunst von Bettina Bürkle und Klaus Illi, die nicht nur künstlerisch harmonieren, sondern auch privat ein Paar bilden.

Die Installation greift den Prozess des Werdens und Vergehens in der Natur auf, erklärt Klaus Illi. „Ich atme für dich“ spielt auch auf die Fotosynthese an, erläutert Bettina Bürkle. So betrachtet kann der Ausstellungstitel auch als Mahnung an die Menschen verstanden werden, die in einer Symbiose mit der Pflanzenwelt leben und letztlich existenziell abhängig von der sie umgebenden Natur sind – eine Einsicht, die unter den Vorzeichen des Klimawandels zunehmend an Bedeutung gewinnen muss, wie Klaus Illi in diesem Zusammenhang anmerkt.

Das Werk ist ebenso dynamisch wie meditativ

Ganz abgesehen vom politischen Inhalt, entfaltet die Installation auch eine genuin ästhetische Wirkung. Das Hin- und Herwogen der Bäume, das Wachsen und Schrumpfen des Skulpturenfelds, das im Kirchenschiff aus roten Bodenobjekten besteht, die an Seerosen oder Fruchtstände erinnern, das Ein- und Ausatmen der dunklen Pflanzenstängel dazwischen, die demselben Atemprinzip unterworfen sind – all das zusammen ergibt ein ebenso dynamisches wie meditatives Bild, das auch nach längerer Zeit der Betrachtung alles andere als langweilig wirkt.