Die Vielfalt der Playmobil-Figuren ist immens, und die Spielmöglichkeiten tendieren gegen unendlich. Foto: Ines Rudel

Einiges von dem Playmobil-Spielzeug, das jetzt das Stadtmuseum Nürtingen zeigt, werden Besucher aus eigenen Kindertagen noch kennen. Zudem gibt es selbst gefertigte Unikate der Sammlerin Irmtraud Keller, die es so nicht im Handel zu kaufen gibt.

Nürtingen - Ein 7,5 Zentimeter großer Feuerwehrmann aus Plastik ist schuld daran, dass Irmtraud Keller von einer bis heute andauernden Playmobil-Leidenschaft gepackt wurde. Bekommen hatte die Figur nicht das Mädchen, sondern dessen kleinerer Bruder. „Da war ich etwas neidisch“, erinnert sich Irmtraud Keller an ihre Kindertage. 1977 dann, da war sie 13, bekam sie ihr erstes eigenes Playmobil geschenkt – eine Wasserträgerin. Und diese Figur ziert neben hunderten anderen Figuren und Requisiten die Sonderausstellung „Abenteuer Playmobil – Märchen, Ritter und Piraten“, die vom 2. Dezember an im Stadtmuseum Nürtingen zu sehen ist.

Ein Hubschrauber-Rotor dient als Windmühlenflügel

Piraten im Kampf auf hoher See, die Alltagswelt um 1900 als Großszene, die Arche Noah, der ägyptische Pyramidenbau, historische Schiffe von der römischen Galeere bis hin zum Kanonensegler, Johann Wolfgang von Goethe und Theodor Fontane – die Schau ist abwechslungsreich und spiegelt einen Teil der Menschheitsgeschichte wider. Unter anderem hat Irmtraud Keller 21 Märchen inszeniert. Mit dabei ist auch der gestiefelte Kater. Und an diesem Beispiel zeigt sich, dass sich die Sammlerin aus Marktoberdorf im kreativen Prozess nicht bremsen lässt. Denn was Playmobil bisher nicht produziert hat, stellt die 54-Jährige kurzerhand selber her. Weil keine Windmühle existierte, hat Irmtraud Keller die Flügel einfach gebastelt – aus den Wanten eines Playmobil-Piratenschiff und dem Rotor eines Rettungshubschraubers.

Dieses „Customizing“ – also die Anpassung eines Serienprodukts an spezielle Wünsche – ist Irmtraud Keller gewöhnt. So hat sie etwa das Playmobil-Ghostbuster-Gebäude zu einer Brauerei umfunktioniert. Braukessel hatte der Hersteller zwar nicht im Sortiment. Doch die Allgäuerin wusste sich zu helfen: Die Trommeln von Plastik-Betonmischern erfüllen diesen Zweck ebenso gut und dienen nun als Kessel.

Nürtinger Museumsbesucher wünschen eine Neuauflage

Irmtraud Keller sammelt schon seit Jahrzehnten. Mit dem Ausstellen ihres Spielzeugs hat sie aber erst vor fünf Jahren begonnen – gleich mit Erfolg. Zur großen Sonderausstellung 40 Jahre Playmobil 2013 in Speyer steuerte die Sammlerin ein Märchen-Diorama bei. Mehr als 200 000 Besucher zählte damals das Historische Museum der Pfalz. Diese Zahl erreichte Nürtingen 2015 natürlich nicht. Doch zog die erste Nürtinger Playmobil-Ausstellung damals rund 11 000 Besucher an – ein für das Stadtmuseum stolzer Wert. Weil das Interesse so groß war und viele Besucher eine zweite Playmobil-Ausstellung wünschten, begeisterte das Museum Irmtraud Keller für eine Neuauflage. Dass Playmobil nach so langer Zeit immer noch zu den Dauerbrennern in Kinderzimmern zählt, überrascht die Museumsleiterin Angela Wagner-Gnan nicht. „Kein Wunder“, sagt sie, „die Vielfalt des Playmobil-Spielmaterials tendiert gegen unendlich.“

Spielmöglichkeiten im Museum für Groß und Klein wird es auch diesmal geben. Für die Kleinen steht im Kinderzimmer ein großes Piratenschiff zum Herumklettern. „Außerdem dürfen sich alle kreativ austoben. Es gibt Malvorlagen, ein Suchspiel und jede Menge Playmobil-Spielmaterial in verschiedenen Nischen“, erklärt Angela Wagner-Gnan. Das Museum kann auf Anfrage auch für Kindergeburtstage genutzt werden. Und wem es am 26. Dezember zu Hause langweilig wird, für den bietet das Stadtmuseum eine Alternative. Denn die Einrichtung ist am zweiten Weihnachtsfeiertag geöffnet.

Wo Playmobil aufgebaut ist, herrscht ein Saugverbot

Irmtraud Keller hatte keine Mühe, die Ausstellungsfläche aus ihrem Fundus zu bespielen. Bis zu 3000 Figuren hat sie zu Hause, alle Teile zusammengenommen geht ihre Sammlung in die Zehntausende. Bei ihrer ungebrochenen Sammelleidenschaft erfährt sie Unterstützung von ihrem Mann Karl Keller. Selbstverständlich respektierte er immer das Saugverbot in den Playmobilräumen – das Risiko eingesaugter Teile erzwingt diese Vorsichtsmaßnahme. Und wenn seine Frau Irmtraud wie jetzt in Nürtingen sagt: „Karl, halt die Klappe“, dann weiß er, dass damit nicht sein Mundwerk, sondern der Deckel einer Ausstellungsvitrine gemeint ist.