Wer die Schau in Kleihues-Museum besucht, lernt viel über die Geschichte der Werbung. Foto: Simon Granville

Das Kornwestheimer Kleihues-Museum zeigt in einer neuen Ausstellung Werbegrafiken von Otto Glaser, Lilo Rasch-Naegele und Franz Weiss.

Was war das doch für eine schöne Zeit, diese Wirtschaftswunder-Jahre. Weit entfernt von der krisengebeutelten Gegenwart schien damals eine behagliche, zugleich sehr optimistische Stimmung zu herrschen. Eine neue Ausstellung im Kornwestheimer Kleihues-Museum mit dem Titel „Ideale Linien, Werbegrafik der 50er und 60er Jahre“ lädt ein, in die Gefühlswelt jener Epoche einzutauchen. Gezeigt werden Arbeiten von Otto Glaser, Lilo Rasch-Naegele und Franz Weiss.

 

Verliebt in diese Ausstellung

Ihre Begeisterung äußerte Bürgermeisterin Martina Koch-Haßdenteufel. Sie meinte nicht nur die Grafiken, sondern auch die ganze Präsentation. Mit dem Gang durch die drei Räume, jeder einem der Künstler gewidmet, treten Besucher eine Zeitreise an. Alle drei verbindet die Tatsache, dass sie Werbung für Salamander gestaltet haben – ein guter Grund für ein Museum in Kornwestheim, sie zusammen zu präsentieren. Saskia Dams, die Direktorin des Museums, bekannte: „Ich bin verliebt in diese Ausstellung“. Die, nebenbei bemerkt, viel Vorarbeit und Zeit gekostet hat, nun aber dank vieler Leihgaben eine runde Sache geworden ist.

Gleich im ersten Abschnitt begleitet die Grafikerin Lilo Rasch-Naegel, die 1978 in Leinfelden gestorben ist, Besucher in die Nachkriegszeit. Die Künstlerin hat nicht nur das Werbegesicht von Salamander, sondern auch das Image anderer bekannter Marken im Südwesten mitgeprägt. Da finden sich illustrierte Broschüren zum Bosch-Kühlschrank ebenso wie ein fast mystisches Bild von Mercedes Jellinek, Namenspatin der Automarke. Vertreten sind auch Grafiken für Schiesser, Triumph, Nestlé und Caillér.

Interessant sind die zwei unterschiedlichen Frauentypen, die Rasch-Nagel dargestellt hat: zum einen die traditionelle Hausfrau, zum andern die elegante Lebedame, die sich selbstbewusst manchen Luxus gönnt. Wer in diesem Ambiente dem Geschmack der Nachkriegsphase nachspüren möchte, wird einige Schmuckstücke finden, nicht zuletzt ein tiefblaues, elegantes Verlobungskleid.

Gezeichnete Träume

Otto Glaser, gestorben 1991 im schweizerischen Lugano, zeichnete sich durch einen ganz typischen, sehr persönlichen Stil aus. Auf den Plakaten, die er für Salamander gestaltet hat, sind Schuhe oftmals gar nicht zu sehen. Stattdessen dominieren elegante, modisch gekleidete Damen. Glaser hat, so sein in Paris lebender Sohn Urs, eben „Träume gezeichnet“, Wunschvorstellungen der Menschen.

So schuf der Künstler eine Welt gepflegter, modebewusster Weiblichkeit, Männer treten nur gelegentlich auf – dann aber kommen sie aus besseren Kreisen, zum Beispiel auf einem Plakat, auf dem ein distinguierter Herr seiner Dame in den Pelzmantel hilft. Ausgestellt werden auch Arbeiten Glasers für die Modezeitschrift „Inspiré“. Museumsdirektorin Dams sagte: „Mit wenigen Strichen ließ er eine ganze Welt entstehen.“

Halbstündiger Salamander-Werbefilm

Einen Höhepunkt findet die Zeitreise im dritten Abschnitt, der dem im Jahr 1981 in Kempten gestorbenen Franz Weiss gewidmet ist. Hier betritt man ein Wohnzimmer der 50erJahre. Auf einer Sofagarnitur der damaligen Zeit, flankiert von einem Nierentisch, kann man einen sage und schreibe 35 Minuten langen Salamander-Werbefilm der damaligen Zeit sehen: In den Kornwestheimer Werkstätten fertigen fleißige Hände Schuh um Schuh, zwischendurch tanzt ein Paar den Rock´n Roll.

Weiss’ Grafiken wecken Gefühle der Tradition, der Heimatverbundenheit, ja sogar der Behaglichkeit. Seine Figuren sind, natürlich gut beschuht, in freundlichen Landschaften unterwegs. Eine schmuck gekleidete Frau begießt einen Rasen, aus dem Pflanzen mit Schuhen als Blüten sprießen. Zu den Ausstellungsstücken gehört auch das später von Salamander viel verwendete Motiv des Schusterjungen. Wer diese Schau in Kleihues-Museum besucht, lernt viel über Werbe-Geschichte, aber auch sehr viel über die Emotionen und Träume, die das Leben der Menschen in den Wirtschaftswunder-Jahren begleitet haben.

Info

Ausstellung
„Ideale Linien. Werbegrafik der 50er und 60er Jahre von Otto Glaser, Lilo Rasch-Naegele und Franz Weiss“, 14. Dezember 2024 bis 2. November 2025

Museum im Kleihues-Bau,
Stuttgarter Straße 93, 70803 Kornwestheim, geöffnet Freitag bis Sonntag, 11 bis 18 Uhr, feiertags geschlossen, weitere Informationen unter www.museen-kornwestheim.de