Gert Fabritius mit Arbeiten aus seiner Reihe „Totentanz“, die bis 29. Juli im im Kleihues-Bau in Kornwestheim zu sehen sind. Foto: Susanne Müller-Baji

Im Museum im Kleihues-Bau in Kornwestheim ist von diesem Freitag an eine Ausstellung mit Werken von HAP Grieshaber und dem Zuffenhäuser Künstler Gert Fabritius zu sehen

Kornwestheim/Zuffenhausen - Holzschnitt ist nichts für Zaghafte: Grob, archaisch und ausdrucksstark. An diesem Freitag eröffnet im Kornwestheimer Museum im Kleihues-Bau eine Werkschau zweier großer Holzschneider: HAP Grieshaber (1909 bis 1981), der als der Erneuerer des Holzschnittes nach dem Zweiten Weltkrieg gilt, und der in Zuffenhausen ansässige Gert Fabritius (Jahrgang 1940). Dabei kommen zwei zusammen, die sich kannten und sehr schätzten – und die jeder für sich die Bilder der Bibel ins Heute übertragen haben.

Zwei Künstler, ein Medium, ein monumentales Thema: „Biblische Geschichten – Parabeln des Gegenwärtigen“ heißt die neue Kornwestheimer Werkschau und verspricht nicht zuviel. Sie setzt die traditionelle Symbolik der Bibel in einen aktuellen Kontext, gerade wie es etwa bei der Ausgestaltung von Kirchen für die überwiegend analphabetische Bevölkerung jahrhundertelang üblich war: Die Bilder sollten auch ohne den Umweg über das geschriebene Wort zugänglich sein. Wie nun in HAP Grieshabers „Kreuzweg der Versöhnung“ und in seinem berühmt gewordenen „Totentanz von Basel“: Der beruft sich auf die allegorischen Bildserien des Mittelalters, die einen allmächtigen Tod zeigen, der nicht zwischen Arm und Reich oder Alt und Jung unterscheidet. Auch Gert Fabritius’ Totentanz aus dem Jahr 1989 wütet der Tod, aber hier liegt der Schwerpunkt woanders: „Damals kippte der Rhein, Aids war ein großes Thema, das Waldsterben, das Unglück bei der Flugschau in Ramstein – alles Themen, die ich aufgegriffen habe“, sagt Fabritius. Entsprechend gibt es hier etwa die Sequenzen „Tod und Atom“, „Tod und Luft“ oder „Tod und Müll“. Das ist so aktuell, dass es einen beim Rundgang wie ein Schlag trifft: Nichts hat sich seither verändert. Übrigens: Dieser Totentanz umfasst 14 Arbeiten und bildet damit auch die Stationen eines Kreuzweges.

Grieshaber hat den Weg geebnet

HAP Grieshaber hat den Weg geebnet – und Gert Fabritius ist ihn in seinem Zuffenhäuser Atelier experimentell weitergegangen. Die beiden Künstler kannten und schätzten sich. Der Siebenbürger Sachse Fabritius erzählt von seiner Studienzeit in Bukarest: „Damals hatte ich 300 Lei im Monat und schlich in der Buchhandlung um Grieshabers Totentanz, den ich mir natürlich nie leisten konnte.“ 1977 wurde HAP Grieshaber seinerseits auf der Leipziger Buchmesse auf ein von Fabritius gestaltetes Buch aufmerksam und schickte ihm einen Holzschnitt nach Bukarest, wo der bereits auf gepackten Koffern für seine Ausreise nach Deutschland saß. Das kleine Blatt mit der Bauernkriegsthematik ist ebenfalls zu sehen und markiert den Anfang der Ausstellung.

Wie eine Klammer legen sich Fabritius’ Kornwestheimer Werkschauen auch um das Wirken von Museumsleiterin Irmgard Sedler, die an diesem Freitagabend in den Ruhestand verabschiedet wird. Sie freut sich, dass sie mit „Biblischen Geschichten – Parabeln des Gegenwärtigen“ einen bildgewaltigen Schlusspunkt setzen kann: „Die Menschen haben ja leider das Bilddenken verloren, man sieht Bilder und hat Wörter im Kopf.“ Nicht nach dieser Ausstellung, deren Arbeiten einen Nerv treffen, der viel tiefer geht als das wortabstrakte Denken.

Info Die Ausstellung im Kornwestheimer Museum im Kleihues-Bau, Stuttgarter Straße 93, wird an diesem Freitag, 2. März, um 19 Uhr eröffnet. Zu sehen ist sie bis 29. Juli, jeweils freitags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr.