Sieht täuschend echt aus, ist aber bloß aus Pappe: Sabine Wacker, die als Erna Schwätzele die typische schwäbische Hausfrau verkörpert. Am 7. Mai macht sie im Münchinger Heimatmuseum eine Kostümführung. Foto: Simon Gra/nville

Teppichklopfer, Putzlappen, Staubsauger, Besen: Schwäbische Haushalte haben jedes Utensil. Das Heimatmuseum Münchingen wirft jetzt einen Blick zurück.

Wenn Sabine Rathgeb eine Ausstellung eröffnet, dann ist anfassen und ausprobieren erlaubt, gar ausdrücklich erwünscht. Jedenfalls ist das in der neuen Schau „Waschen und Putzen. Schwäbische Frauenpower im Haushalt“ im Münchinger Heimatmuseum der Fall. Die Chefin will so auch jüngere Menschen ansprechen, in die Räume in der Schulstraße locken – und sie stellt fest, dass das dank Mitmachaktionen gut klappt. „Die Jüngeren wollen nicht bloß gucken“, sagt Sabine Rathgeb. Ihre aktuelle Ausstellung gehört in die Reihe „Verschwundene Dinge“. Die Besucherinnen und Besucher erfahren, wie sich der Arbeitsalltag beim Waschen und Putzen in den vergangenen 100 Jahren verändert hat.

Zu den verschwundenen Dingen dürften die Kittelschürzen und Kopftücher weitgehend zählen, die gleich im Eingangsbereich hängen und liegen, neben Besen, Eimern, einer Kutterschaufel. Sabine Rathgeb hat die Kleidung zusammengetragen, damit sich die Besucherinnen und Besucher als schwäbische Hausfrau oder schwäbischen Hausmann verkleiden und fotografieren können. Männer, sagt die Leiterin des Museums, hätten keine typische Haushaltskluft.

„Von wegen, das bisschen Haushalt, der war damals ein wahrer Kraftakt.“

Von ihrer Großtante hat Sabine Rathgeb eine schwarze Kittelschürze mitgebracht, ein grünes Kopftuch ist aus der belgischen Partnerstadt Tubize. Eine Frau aus Korntal, Birgit Arnold, hat anno 1999 aus 16 Schürzen einen Quilt genäht, als Erinnerung an ihre verstorbene Schwiegermutter. Dieses „Highlight“, wie Sabine Rathgeb den Quilt nennt, ist eines von 20 bis 30 Exponaten von Bürgerinnen und Bürgern. Die Museumsleiterin berichtet, im Depot würden viele alte Haushaltsgeräte stehen. „Diesen Fundus wollte ich endlich einmal zeigen“, sagt Sabine Rathgeb, der die Idee zu einer Ausstellung über die Welt der schwäbischen Hausfrau von anno dazumal schon lange im Kopf herumgeisterte. Das Waschen sei in bisherigen Schauen immer wieder Thema gewesen.

Sabine Rathgeb hat zahlreiche Gespräche geführt, als sie die Ausstellung vorbereitet hat. „Von wegen, das bisschen Haushalt, der war damals ein wahrer Kraftakt“, meint sie. Das Wäschewaschen samt Trocknen zum Beispiel habe eineinhalb bis zwei Tage lang gedauert – und dann war die Wäsche noch nicht gebügelt und gemangelt, was an Regentagen geschah. Die schwäbischen Hausfrauen seien starke Frauen gewesen, sagt Sabine Rathgeb, denn vor Jahrzehnten habe es nur wenige chemische Reinigungsmittel und technische Haushaltsgeräte gegeben.

Ordnung, Reinlichkeit und Sparsamkeit als Statussymbol

Überhaupt sei das Image der schwäbischen Hausfrau super, sagt Sabine Rathgeb. Sie erinnert daran, dass im Jahr 2008, in der Wirtschaftskrise, die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die „schwäbische Hausfrau“ als Vorbild für sparsames Wirtschaften weltweit populär gemacht habe. Wie es zum Mythos von der perfekten Hausfrau aus dem Ländle kam? Vermutlich hängt das mit dem Protestantismus zusammen, sagt Sabine Rathgeb: Im Zeitalter der Reformation habe Martin Luther Frauen als Verwalterinnen der Hauswirtschaft ermahnt, dass sparsam zu sein das beste Einkommen sei. Im an Bodenschätzen armen Herzogtum Württemberg hätten die Bewohner diesen Grundsatz besonders eifrig umgesetzt. Zum Statussymbol in der Bevölkerung seien Ordnung, Reinlichkeit, Sparsamkeit geworden.

Hausarbeit war der Beruf der Frauen und galt als etwas, das man lernen kann. Hauswirtschaftliche Schulen für Mädchen entstanden, etwa in Korntal anno 1836 die „Mittelanstalt“. Anfang des 20. Jahrhunderts gründeten sich Vereine. Sie forderten, dass die Hausarbeit auch wie ein Beruf bezahlt wird. Erfolglos, bis heute. „Es ist nicht in Ordnung, dass die Gesellschaft die Hausarbeit, eine auch sehr intensive Arbeit, so wenig anerkennt“, findet Sabine Rathgeb. Die mit diesen Informationen zum Nachdenken anregen will. Der Gegensatz zwischen Mythos sowie Ansehen und fehlender finanzieller Würdigung sei interessant.

Kinder mussten mit anpacken

Die Schau erzählt darüber hinaus und auch mit Augenzwinkern von der großen Wäsche – bis in die 1960er Jahre wurde wegen des enormen Aufwands nur einmal im Monat gewaschen –, von Gemeindewaschhäusern und Mietwaschküchen, von der Kehrwoche und Straßenreinigung, von Wasch- und Reinigungsmitteln aus dem Ländle, vom Putzen und Reinigen im Haus. Und sie blickt zurück auf die Großwäscherei Gustav Müller in Korntal von 1901 bis 1968. Auf dem Gelände der Alten Wäscherei steht mittlerweile der „Wohnpark Solitudeallee“.

Dass einst mühsam per Hand gewaschen wurde, Kinder ganz selbstverständlich mit anpackten, könne man sich heute nicht mehr vorstellen, sagt Sabine Rathgeb. Elektrische Waschmaschinen gebe es seit etwa 1910, die hätten aber noch heißes Wasser benötigt. Privatleute hätten von den 1960er Jahren an elektrische Haushaltsgeräte gehabt.

Die Ausstellung bis 15. Oktober öffnet an diesem Freitag, 31. März, 19 Uhr, in der Mensa Münchingen, Schulstraße 2. An jedem ersten Sonntag im Monat gibt es von 14 bis 17 Uhr Führungen und Aktionen zum Mitmachen. „Die schwäbische Hausfrau in G’schichten und Gedichten“ bringt Rotraut Völlm am 2. April um 14.30 Uhr mit. Im Juni stehen Veranstaltungen mit der Volkshochschule auf dem Programm.