Eine Ausstellung in Hemmingen gibt Auskunft über das Leben auf dem Land. Das Hauptaugenmerk gilt aber nachgebauten Miniaturen der Arbeitsgeräte. Dabei rücken zwei Menschen in den Fokus der Schau.
Die Pferde aus hellem Lindenholz ziehen die Blicke auf sich. Sie könnten wie Spielzeug anmuten und sind doch zugleich auch Kunst. Die Schönheit liegt im Auge des Betrachters, sie fasziniert – und ist doch viel mehr. Die Tiere und den Wagen und das Gerät, das sie ziehen, erzählen von längst vergangenen Zeiten. In Hemmingen ebenso wie im Nachbarort Münchingen, eben wie in vielen Orten des Strohgäus.
Zwei Männer eint unabhängig voneinander die Freude am Holz
Die neue Ausstellung im Hemminger Etterhof trägt den Titel „Als die Schlepper noch 2 PS hatten“. Gezeigt werden die Fuhrwerke, die Hermann Bässler aus Münchingen und Helmut Gentner aus Hemmingen geschaffen haben. Zusammen geben sie Einblick in den landwirtschaftlichen Ursprung der Gemeinde. Konkret wird die Arbeit auf dem Feld anhand der Fotografien in schwarz-weiß aus der Sammlung Treiber. Dort zu sehen, auf einer Aufnahme, die um 1950 entstanden sein muss, zum Beispiel ein Gespann des Hofes Gustav Gommel beim Garbenladen.
Bässler und Gentner einte – unabhängig voneinander – die Freude am Arbeiten mit Holz. Bässler hatte Ende der 1960er Jahr mit dem Sammeln heimatgeschichtlich bedeutender Gegenstände begonnen, die er in Münchingen zeigte. Nachdem er sich beruflich zurückgezogen und die Flaschnerei seinem Sohn übergeben hatte, hatte er Zeit, landwirtschaftliches Gerät im Miniaturformat herzustellen. Dank der Miniaturen ist laut den Ausstellungsmachern nun auch jenes Gerät zu sehen, das für ein Museum zu groß wäre oder gar nicht mehr vorhanden ist. Die eingespannten Pferde, die den Langholzwagen ziehen, kaufte Bässler zu, beim Spielwaren Kurtz in Stuttgart. Bässler, 1903 geboren, starb 1978. Das landwirtschaftliche Gerät war dem Wandel unterzogen: Das Ochsengespann zog zunächst die Holzegge mit Holzzinken. Diese wurden später durch Eisenzinken ersetzt, ehe die Eggen dann ganz aus Metall gefertigt wurden.
Ein Blick auf die Vergangenheit
Deutlich jünger sind die Arbeiten von Helmut Gentner. Gentner, Vater des Kommunalpolitikers und Vereinsvorsitzenden Wilfried Gentner, betrachtete die Holzarbeiten in den 1980er Jahren als sein Ausgleich. Die nun ausgestellten, von ihm geschaffenen Figuren – Tiere und Menschen – tragen deutlich seine Handschrift, ebenso wie landwirtschaftliche Wagen. Die Arbeiten sind nicht nur Bild der Vergangenheit, sondern auch eine künstlerische Auseinandersetzung mit der Realität. Es ist ein freundlicher Blick auf das Vergangene, das dadurch nahbar wird.
Die Fotos, die das Leben in der landwirtschaftlich geprägten Kommune zeigen, tun ihr übriges. Ganz nebenbei wird auf den Texttafeln zwischen den Fotografien auch erzählt, wie die Hemminger zur ihrer Bezeichnung „Kuhschwänz“ kam, die heute noch im Namen der örtlichen Laientheatergruppe weiterlebt. Um 1800 hatte Karl Eberhard Friedrich von Varnbüler die ganzjährige Stallhaltung der Rinder eingeführt. Aus hygienischen Gründen wurde angeordnet, den Kühen vor dem Melken die Schwänze zu waschen. Die Hemminger Bäuerinnen sträubten sich zunächst, der Vorschrift nachzukommen – die Hemminger hatten damit in den umliegenden Orten ihren Necknamen weg.
Alltagsleben um 1910: Essen und Arbeitsalltag im Fokus
Die Ausstellung geht auch in anderen Aspekten auf den Alltag von einst ein. So wird unter anderem dargestellt, was es um 1910 zu essen gab. Auf den Tisch sei nur das gekommen, „was man selbst hatte, also was aus der eigenen Wirtschaft stammte“. Morgens habe es „Milchkaffee und trockenes Brot“ gegeben. „Werktags gab es Roggenbrot und sonntags Weißbrot.“Grundsätzlich galt für die Vorbereitung des Essens, vor allem also des Mittagessens, dass die Zubereitung „die Hausfrau nicht über Gebühr in Anspruch nehmen durfte, weil sie im Betrieb als wichtige Arbeitskraft gebraucht wurde“.
Die Ausstellung im Etterhof, Eisgasse 7, ist bis 19. Oktober geöffnet. Die Schau ist sonntags von 14 Uhr bis 17 Uhr zu sehen. Der Eintritt ist frei. Jeden Sonntag gibt es von 15 bis 17 Uhr innerhalb der Öffnungszeiten einen Kaffee-Treff, der bei gutem Wetter auch in den Hof und in die Scheune ausgedehnt wird. Der Treff ist inzwischen nicht mehr wegzudenken – er trug neben den Veranstaltungen etwa zum Butterstampfen und der Pflanzentauschbörse dazu bei, dass sich der Etterhof im Ort etablierte – und inzwischen auch für Auswärtige zum Ausflugsziel wurde.