Volker Schulin sammelt Papierkrippen, er hat sich ein profundes Wissen zu dieser besonderen Technik und deren interessanter Geschichte erworben. Foto: Ingrid Sachsenmaier

Krippen-Trilogie in Fellbach: In einer Ausstellung im Maximilian Kolbe-Haus werden historische Papierkrippen aus der Sammlung von Volker Schulin und handwerkliche Krippen der Geschwister Wettemann gezeigt.

Kleine Krippen aus Papier mit religiösen Motiven waren die Vorläufer der populären Papiertheater und im 17. Jahrhundert in vielen, vor allem bürgerlichen Privathaushalten, über Konfessionen hinweg, zu finden. Von Tirol bis Tschechien, in Deutschland und England, Spanien und Italien haben sie die Weihnachtszeit begleitet. Volker Schulin aus Fellbach ist ein passionierter Sammler von Papierkrippen. Am kommenden Wochenende werden signifikante Stücke aus seiner umfangreichen, historischen Sammlung im Maximilian Kolbe-Haus in Fellbach-Schmiden ausgestellt.

 

Alles begann in Prag. Dorthin sind Volker Schulin und seine Frau kurz nach dem Fall der Berliner Mauer gereist. Dort hat Volker Schulin, er war Lehrer in den Fächern Kunst und Werken an der Hermann Hesse-Realschule, seine erste Papierkrippe gekauft. Was in den Folgejahren geschah, ist mit dem Wort „Leidenschaft“ nur sanft angedeutet. Volker Schulin besitzt mittlerweile weit mehr 100 Papierkrippen „aus aller Welt.“ Der heute 81-Jährige hat sich in drei Jahrzehnten ein enormes Wissen angeeignet. Aber vor allem: Er hat gesammelt, gesammelt, gesammelt – und die Papierbögen ausgeschnitten, plastische, aufklappbare Hintergründe – Dioramen – für die Krippen angefertigt und aus Styropor, das er farbig gestaltet hat, Sockel für die fragilen Krippen geschaffen.

Oft nicht größer als eine Postkarte

Eine Papierkrippe ist federleicht, ihre Figuren, die zunächst von einem bedruckten Papierbogen ausgeschnitten und dann in einen zusätzlich gebastelten Untergrund gesteckt werden, sind oft nicht größer als eine Postkarte. Die Darstellung der Heiligen Familie mit Stall, Tieren, oft auch Handwerkern und nahezu immer mit den Heiligen Drei Königen passt zusammengefaltet in eine flache Schachtel, aufgefaltet erreicht manche Krippe gerade mal die Ausmaße einer Schuhschachtel.

In der Sammlung von Volker Schulin gibt es aber auch Exemplare, die wesentlich größer sind und aus mehr als 100 Figuren bestehen. Die Bandbreite bei den Papierkrippen sei ungeheuer groß, berichtet er und kommt ins Schwärmen. Seine Augen funkeln freudig, als er die Buchkrippe auffaltet, die mit einer besonders zarten Farbigkeit besticht, von Rosen umrankt ist und im chromolithografischen Verfahren entstanden ist. Ihr festes Papier wurde geprägt und dann lackiert. Eine bezaubernde, romantische Krippe. Bestechend ist auch die Technik einer Guckkastenkrippe, verblüffend die optische Tiefe. Die Bandbreite an Papierkrippen ist groß – und wird bis heute von vielen Verlagen bedient, es gibt zum Beispiel „Faulenzerkrippen“, die man nur aufklappen muss.

Volker Schulin hat viele Essays, Abhandlungen und Listen über Krippen in Fachzeitschriften veröffentlicht, er hat sein Wissen mit dem Landesmuseum in Stuttgart ausgetauscht, er hat am Weltkrippenkongress in Augsburg teilgenommen, er kennt nahezu alle Verlage, die Papierkrippen hergestellt haben und es heute noch tun, und er ist vor allem ein akribischer Archivar des Gesammelten. In flachen Pappschachteln, meist DIN-A4 groß, die alle durchnummeriert sind, hat er die Krippen fein säuberlich in mehreren Regalwänden und in seinem Keller bis unter die Decke gestapelt. Ob sie jemals alle ausgestellt werden können, dürfte fraglich sein. Aber darum geht es Volker Schulin eigentlich auch gar nicht.

Was er macht, das macht er genau und sehr gründlich. „Mein Mann hat ganz arg geschickte Hände“, sagt seine Frau mit Bewunderung. Volker Schulin bestätigt das, bescheiden nickend. Aktuell steht er vor einer schwierigen Aufgabe: Margit Wettemann, ehemalige Kollegin an der Hermann Hesse-Schule, hat ihn ermuntert, an der Krippenausstellung, die sie und ihr Bruder Hans-Peter im Maximilian Kolbe-Haus am kommenden Samstag und Sonntag zeigen, mitzumachen. Hans-Peter Wettemann lebt auf der Ostalb und baut nach traditioneller Art Krippen. Seine Schwester Margit lebt in Schmiden und fertigt Krippenszenen aus unterschiedlichsten Materialien.

Papierkrippen gibt es in vielen Ausführungen

Papierkrippen gibt es in vielen Ausführungen, die ersten sind im 17. Jahrhundert entstanden und trugen noch stark barocke Züge. Die farbigen Drucke waren nicht so teuer wie andere Krippen. Papierkrippen kennen keine Ländergrenzen, Volker Schulin hat viele internationale in seinem Fundus. Auf eine, die ihm ein Sammler aus Mailand überlassen hat, ist er besonders stolz. In Württemberg gab es eine richtige Papierkrippen-Szene, erzählt Volker Schulin vom „Wengerter Bartholomäus Neu, der Papierkrippen gestaltet hat“. Der Schreiber Verlag in Esslingen gilt als einer der renommiertesten Hersteller von Papierkrippen, bis heute gibt es die qualitativ hochwertigen Papierbögen zum Ausschneiden. Jakob Ferdinand Schreiber, Gründer der Lithografieanstalt, gab mit viel Liebe zum Detail ausgestaltete Bilderbogen zum Ausschneiden heraus und ging damit in die Geschichte der Ausschneidebogen ein. Im Jahr 1864 erhielt die Firma für ihre Qualitätsarbeit eine Goldmedaille vom württembergischen König.

Volker Schulin hat ein großes Faible für Papier. Er hat mit seinen Schülern im Werkunterricht viel mit Papier gearbeitet, auch Papiertheater gebaut und bespielt, Bücher gebunden und aufklappbare Zauberbücher angefertigt. Seit 2006 ist Volker Schulin im Ruhestand.

Ausstellung im Maximilian-Kolbe-Haus

Öffnungszeiten
Am Samstag, 14., und Sonntag, 15. Dezember, werden im Maximilian-Kolbe-Haus in Schmiden in der Uhlandstraße 65 Papierkrippen aus der Sammlung von Volker Schulin aus Fellbach und selbst gefertigte Krippen von Hans-Peter Wettemann aus Westhausen und seiner Schwester Margit aus Schmiden gezeigt. Die Ausstellung hat am Samstag von 14 bis 18 Uhr geöffnet. Am Sonntag kann man die Krippen nach dem Gottesdienst von 11.30 bis 13 Uhr und dann wieder von 14 bis 18 Uhr anschauen. Die Ministranten der katholischen Seelsorgeeinheit Schmiden laden – auf Spendenbasis – zu Kaffee und Kuchen. Der Erlös kommt der Ministrantenarbeit zugute. Der Eintritt zur Ausstellung ist frei.