Michael Haußer mag große Formate. Seine Bilder überarbeitet er wieder und wieder. Foto: Gottfried Stoppel

Der Künstler Michael Haußer stellt in der Galerie der Stadt Fellbach aus. Am Dienstag ist Vernissage. Zu sehen sind Werke mit ungewöhnlichen Perspektiven und viel Tiefgang.

„Über 27 Jahre bin ich nun voll in der Malerei und Grafik beschäftigt.“ Michael Haußer, 54, groß gewachsen, steht in der Galerie der Stadt Fellbach vor seinem großformatigen Bild mit gelben Narzissen. Das Bild ist vor vielen Jahren entstanden, an Strahlkraft hat es nichts verloren. Das Gelb der Frühlingsboten ist kräftig, verbreitet Fröhlichkeit, lässt in und auf kräftige und doch zarte Blüten schauen. Es ist ruhig und doch dynamisch. Michael Haußer mag das Bild. Er hat es an die Wand gegenüber der Eingangstür der Galerie der Stadt Fellbach im Rathaus gehängt. Ein Eyecatcher. Am Dienstag, 1. Oktober,19 Uhr, wird dort seine Ausstellung, die er mit „Sehstücke, Farbraumbilder“ überschrieben hat, eröffnet.

Der Künstler wählt kräftige Farben

Wasser spielt in den Werken des in Waiblingen geborenen Künstlers eine große Rolle. Eher unbewusst, und doch ist es in vielen Bildern präsent: bei den Schwimmerinnen, denen er viele Bilder widmet, bei Motorbooten, die er auf dem Bodensee verortet. Michael Haußer geht eher sparsam mit seinen Motiven um. Motorradfahrern vermittelt er durch seine Spachteltechnik mit Farbe Geschwindigkeit, die Schwimmerinnen bewegen sich in tiefer, teils aufgebrachter See. Haußer modelliert mit Farbe, lässt die Sportlerinnen aus dem Bild herauswachsen, erreicht durch mehrfaches Bearbeiten und wiederholtes Auftragen von Farbe Höhe, Dreidimensionalität und gibt dem Bild Geschwindigkeit, Strömung, Bewegung, aber auch Ruhe. Er wählt kräftige Farben, die nie laut sind. Ganz im Gegenteil, er gibt etwa der Farbe Blau viele Nuancen, spielt mit klarem Rot und vorwitzigem Gelb, erzielt dadurch Leichtigkeit im schweren Wasser.

Die Galerie der Stadt Fellbach bildet den Rahmen der Ausstellung. Foto: Gottfried Stoppel/Gottfried Stoppel

Diese „Sehstücke“ zeigen, dass Michael Haußer zwar den Augenblick einer sportlichen Betätigung, einer rasanten Motorradfahrt festhält, sich aber viel Zeit und das Bild im Abstand von vielen Jahren immer wieder zur Hand nimmt und aufs Neue mit Farben modelliert. Dieser Prozess ist eigentlich nie abgeschlossen.

In der Ausstellung hängen Bilder, die er 2011 begonnen und dann bis 2024 mehrmals bearbeitet hat. Dabei ist er oft überzeugt gewesen, das Bild sei fertig, und dann hat er doch wieder weiter daran gearbeitet, ihm mit dem Pinselrücken Struktur gegeben, die Oberfläche mit dem Ende der Farbtube vertieft, mit dem Messer gestrichen und mit dem Finger ziseliert. Das ergibt eine interessante, raue Optik, erzeugt sanfte Bewegung und ungewöhnliche Plastizität. Mittlerweile ein Markenzeichen von Michael Haußer, der sich stets weiterentwickelt. Er hat Talent und viel mitzuteilen.

Haußer lebt mit und für die Kunst

In der Städtischen Galerie stellt Haußer Werke aus, die zwischen 1997 und 2024 entstanden sind, „das ist zeitlich gesehen die Hälfte meines Lebens.“ Aber im Ganzen gesehen ist es „das Leben“ von Michael Haußer. Er lebt mit und für die Kunst, aber kann nicht immer ausschließlich davon leben. Die Preise seiner Bilder seien hoch, gibt er zu. Aber es stecke auch viel Arbeit drin. Daraus ergäben sich fünfstellige Beträge.

Michael Haußer hat seinen Vater verloren als er 20 Jahre alt war, ein prägendes Erlebnis, das durch die Nähe der Mutter gemildert, aber nicht kompensiert werden könnte. Haußer reflektiert viel, er hat gute und schwere Phasen, ist sensibel, sehr aufmerksam und im Grunde genommen ein fröhlicher Mensch. Sein Humor ist fein und verschmitzt, manchmal führen seine Gedanken in dunkle Sackgassen. Er macht es sich nicht leicht. „Ich arbeite an allen Bildern mit höchster Intensität, das ist Voraussetzung. Jeder Millimeter im Bild ist definiert“, erklärt er seine Arbeitsweise. „Wie unsere Städte verdichtet werden, werden auch in meiner Arbeit die Bilder so verdichtet, dass ich in den Farbraum, zu Farbraumbildern gekommen bin, also in die ‚Höhe der Farbe‘ als aufgebauten Raum.“

Bei Michael Haußer werden eine Wahrnehmung und eine Idee in einen Bildprozess geführt. Bewegung, Raum und Licht sind wichtige Säulen in seinen Bildern. „Ich begreife mich als zeitgenössischer Bildender, als Maler, als Künstler.“ Bewegung, Raum und Licht sind wichtige Säulen in seinen Werken.

Haußer ist 1970 in Waiblingen geboren, er studierte von 1995 bis 2002 freie Malerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe und der Außenstelle Freiburg bei den Professoren Peter Dreher, Silvia Bächli und Ernst Caramelle, 2001 wurde er Meisterschüler von Günter Umberg. Seit 2002 ist er freischaffend, bis vor wenigen Monaten hatte er sein Atelier im Fellbacher Lindle. Das Gebäude wurde abgerissen, jetzt ist er wieder in Waiblingen. Michael Haußer ist Mitglied im Kunstverein Fellbach, in der Städtischen Galerie stellt er zum ersten Mal aus. Seine Bilder waren unter anderem schon in der Städtischen Galerie Freiburg, dem DSV Kunstkontor Stuttgart, der Galerie Keim in Bad Cannstatt, der Galerie Arthus in Zell am Harmersbach, der Galerie Kerstner in Frankfurt, dem Markgräfler Museum in Müllheim und auf der Art Fair Köln und der Art Karlsruhe zu sehen.

Die Ausstellung in der Städtischen Galerie Fellbach am Marktplatz wird am Dienstag, 1. Oktober um 19 Uhr, eröffnet. Im Gespräch mit dem Galerieleiter Heribert Sautter und dem Künstler werden Form und Inhalt der Bilder erörtert. Angeschaut werden können die Werke bis einschließlich 24. November bei freiem Eintritt von Dienstag bis Sonntag jeweils von 14 bis 18 Uhr.