Christa Martersteig hebt jeden Schnipsel auf – und fertigt daraus kleine Kunstwerke. Foto: Ines Rudel

Mit ihren „Pappakrobaten“ bestreitet die Lehrerin aus Heiningen zum ersten Mal eine Ausstellung. Noch bis zum 4. November sind die six fat boys, Franz Ferdinand von Oink und Co. im Dürnauer Rathaus zu sehen.

Dürnau - Diese Herren sehen wirklich alt aus gegen die halbnackte Männerpracht aus einer Zeitschriftenwerbung, die auf sie heruntersieht. „Six pack (six fat boys)“ hat Christa Martersteig dieses sechsköpfige Pappmaché-Ensemble schwarzbehoster Männer mit Hut genannt, deren Bäuche sich zwar diskret, aber doch deutlich sichtbar unter den weißen Hemden abzeichnen. Bei aller mit einer Prise Boshaftigkeit gewürzten Ironie ist der Blick Martersteigs auf diese schon etwas angegraute Boygroup liebevoll. Bis nach den Herbstferien ist die heitere Kunst der Lehrerin aus Heiningen noch im Rathaus in Dürnau zu sehen. Der Titel der Ausstellung, die die Kulturinitiative Dürnau organisiert hat: „Pappakrobaten“.

Die 15, vielleicht auch 20 Zentimeter großen Pappmaché-Figuren Christa Martersteigs finden sich häufig in absurden Verrenkungen und Situationen wieder, wie die „Flying Mums (at work)“, die als eine Mischung aus Hexe und Engel mit Besen und anderen nützlichen Utensilien des alltäglichen Lebens jonglieren. Viele ihrer Figuren tragen fantasievolle Kleider aus bunten Geschenkpapierstreifen und zudem noch fantastischere, ebenfalls aus Papierstreifen gefertigte Schuhe. Christa Martersteig liebt an ihren mal zarten, mal matronenhaften Pappmaché-Frauen High Heels, auch wenn sie für sich persönlich bequeme, flache Schuhe bevorzugt.

Sie bewahrt jeden Papierschnipsel auf

Christa Martersteigs Werke aus Papier entstehen in einem winkeligen Häuschen in Heiningen. Die lichtdurchfluteten Räume zeugen von sicherem Gespür der Künstlerin für Farben und Formen. In einem der früheren Kinderzimmer hat sie ihre Werkstatt. Dort verwahrt sie sorgfältig Papier und Karton in allen Variationen auf. Die Wände sind dicht behängt mit Bildern und Zeitungsartikeln. Schränkchen und Regale bändigen das bunte Sammelsurium, aus dem sie ihre Pappakrobaten erschafft.

Eine Neigung zum Gestalten mit den Händen hatte Christa Martersteig schon immer. Schneiderin wollte sie werden, Lehrerin ist sie geworden. Studiert hat sie Textiles Werken. In der Schule sei ihr immer wieder aufgefallen, wie viel Papier verschwendet werde. Sie hob jeden Schnipsel auf, und irgendwann kam sie auf die Idee, Leuchten aus Pappmaché anzufertigen. Als sie dann in einem Geschäft in Freiburg eine zarte Figur aus Pulpe entdeckte, da zündete es richtig. Sie belegte einen Kurs bei der Schöpferin dieser Figur und legte los. Inspiriert wurde sie auch von einer Tanzgruppe im Theaterhaus. „Die machten wilde, skurile Bewegungen, das wollte ich nachmachen“, erzählt sie. Und so tänzeln ihre Pappakrobaten mal mehr, mal weniger geschickt über das Parkett des Lebens. Sogar die beleibte Sofia und das dicke Schwein Franz Ferdinand von Oink balancieren mit Grazie auf ihren Stöckelschuhen.

Ausstellung ist bis zum 4. November zu sehen

Jede Figur ist für Martersteig eine Herausforderung: „Manchmal widersetzen sie sich, dann sperre ich sie erst mal weg.“ Andere wiederum träten in einen Dialog mit ihr, und oft sei sie überrascht über ihre Pappakrobaten. „Es scheint, als ob das tief Verborgene einem die Hand führt.“