Die Köpfe tragen den Titel „Sein und Werden“. Foto: Susanne Müller-Baji

Der Feuerbacher Kunstverein widmet Sabine Hoffmann eine Retrospektive. In der Burgenlandgalerie ist eine Auswahl ihrer Werke zu sehen.

Feuerbach - Schon die Kunstvereinsvitrine in der Passage zum Burgenlandzentrum verrät einiges über die Künstlerin hinter der aktuellen Ausstellung: Der unbekannte Pflegerin, Forscherin, Toilettenfrau hat Sabine Hoffmann hier ein Denkmal gesetzt. Aber auch „die Schönheit nutzloser Waffen“ buchstäblich auf einen Sockel gehoben: Große Steine in bunten Plastiktüten ergeben farbenfrohe, wenn auch nicht besonders schlagkräftige Schleudern. Frech, energiegeladen, und mit viel weiblicher Solidarität erzählt Sabine Hoffmann Geschichten, die manchmal nicht schön, aber dafür wahr sind.

Letzte Botschaften aus dem Gestapo-Gefängnis

Sie hat Wandritzungen und letzte Botschaften aus dem berüchtigten Warschauer Gestapo-Gefängnis als so genannte Mauerbücher ausgestellt, und mit der Installation „Schwesterngrab“ erinnert sie an massakrierte Algerierinnen. Dem Geheimnis von Sabine Hoffmanns Arbeiten kommt man oft über ihre Materialien auf die Spur: Die verwandte Gesteinsart lässt Rückschlüsse auf einen Ort zu, untergemischte Erde schlägt eine Brücke zu den Opfern des Nazi-Regimes. Falls Dinge und Werkstoffe eine Seele haben – diese hier haben auf jeden Fall eine Geschichte.

Ein wenig verspätet, zum 85. Geburtstag im vergangenen Jahr, hat Sabine Hoffmann diese Retrospektive vom Feuerbacher Kunstverein bekommen. Der Rundgang durch die Ausstellung zeichnet die Stationen eines unbequemen Künstlerlebens nach – allen voran die Raum-Installation „Sieben Werk-Biographien“ im Saal der Burgenlandgalerie. Auf groben, mannshohen Leinwandbahnen dokumentieren Aufnahmen von Künstlerin und Arbeiten unterschiedliche Werkserien. Die Rückseite zieren jeweils riesige Hände, die allgegenwärtig in dieser Ausstellung sind – gerade so wie Kopf und Augen.

In Köln Kunst studiert

Sabine Hoffmann hat damit dem wichtigsten Rüstzeug des Künstlers einen Ehrenplatz gegeben: Die Augen beobachten, der Kopf reflektiert das Gesehene, und die Hände setzen es im Kunstwerk um. So hält es Sabine Hoffmann bis heute. Sie wurde 1926 in Danzig geboren und hat Kunst an den Kölner Werkschulen studiert. Nach Zwischenstationen in Paris und Frankfurt ist sie seit 1956 in Stuttgart zuhause, wo sie auch eine Zeit lang eine Dozentur an der Merz-Akademie innehatte. 1994 wurde ihr von der Künstlergilde Esslingen die Ehrengabe zum Lovis-Corinth-Preis verliehen.

Im Kabinett der Galerie scharen sich indessen Büsten aus Gewebe und Spachtelmasse zusammen. „Sein und Werden“ heißt die Serie von Köpfen, in die Worte von großer Weisheit eingelassen sind: „Ich bin – aber ich werde erst“ von Ernst Bloch steht etwa einem davon auf die Stirn geschrieben oder „Trunken von Ewigkeit, vergesse ich die Nichtigkeit dieser Welt“ von Marie Jo Lafontaine. Zitate, die auch das Künstlerdasein definieren könnten. Jedenfalls stößt man einige Schritte weiter, in der Druck-Serie „Stationen“, auf ein Zitat von Henry Miller: „Die Oberfläche deines Wesens zerbröckelt dauernd, innerlich jedoch wirst du hart wie ein Diamant.“ Und das trifft ganz sicher auf Sabine Hoffmann zu und auf ihr Werk, das mit den Jahren noch an Härte und Brillanz gewonnen hat.