Bei der am Sonntag eröffneten Ausstellung „Luxuspapier“ lohnt es sich, ganz genau hinzuschauen.“ Foto: Gottfried Stoppel

Die Chromolithographie, eine damals neue Drucktechnik, hat Mitte des 19. Jahrhunderts eine bunte Bilderflut ausgelöst. Einen Querschnitt zeigt das Württemberg-Haus in Beutelsbach unter dem Titel „Luxuspapier“.

Weinstadt - Wer die neue Wechselausstellung im Württemberg-Haus in Weinstadt-Beutelsbach besichtigen möchte, sollte sich Zeit nehmen. Zeit, um sich die Luxuspapier-Sammlung von Wiebke Behning ganz genau zu betrachten. Denn die kleinen Exponate verfügen über einen unglaublichen Detailreichtum. Zudem lassen sich die meist üppig verzierten Bildchen und Klappkarten im Überblick kaum wirklich erfassen.

Im Jahr 1860 seien die ersten solcher Glanzreliefs, auch Oblaten genannt, auf den Markt gekommen, erklärt Behning. Möglich gemacht habe dies die neue Drucktechnik der Chromolithographie, der farbige Steindruck, ergänzt der Weinstädter Stadtarchivar und Museumsleiter, Bernd Breyvogel: „Auf diese Weise konnte man in Massen bunte Bilder unter das Volk bringen.“

Sammlerin mit 500 Poesiealben

Mannigfaltig waren die Einsatzfelder: von Glückwunschkarten zu Geburt, Taufe, Kommunion, Konfirmation, Valentinstag, Verlobung und Hochzeit über Schulbücher, und Spielzeug bis hin zu Zigarrenbinden und Sargverzierungen. Einen Querschnitt der Vielfalt zeigt die Ausstellung in Weinstadt. Die Vitrinen im großen Ausstellungsraum im Obergeschoss des Württemberg-Hauses sind reich bestückt mit ihnen.

Dabei hat sich Wiebke Behning stark beschränken müssen. Die gezeigten Stücke seien nur eine Auswahl und letztlich lediglich „Beifang“ ihrer jahrzehntelangen Sammelleidenschaft, sagt Behning, die schon mehrere Ausstellungen zu unterschiedlichsten Themen im Württemberg-Haus gezeigt hat. Der Ausgangspunkt für ihren Fundus an Luxuspapier waren vor rund 30 Jahren Glanzbilder für Poesiealben. Nachdem ihr zufällig ein altes Schulheft ihres Mannes mit solchen Oblaten beim Auflösen des Haushalts ihrer Schwiegereltern in die Hände gekommen war, habe sie gezielt nach weiteren gesucht, erzählt Behning:. „Weil es nicht einfach war, einzelne zu finden, habe ich auf Flohmärkten ganze Alben damit gekauft.“ Inzwischen besitzt sie 500 solcher Poesiealben. Exemplarisch ist eines davon in der Ausstellung zu sehen.

Doch das Lieblingsstück und der ganze Stolz der Sammlerin ist derzeit ein ganz anderes Buch. Erst vor wenigen Monaten habe sie es auf einem Antikmarkt in Bamberg aufgestöbert, berichtet Behning freudestrahlend und deutet auf einen dicken Wälzer, dessen Seiten vergilbt und an den Rändern ziemlich zerfleddert sind. Ein Musterbuch der Firma Hagelberg aus Berlin aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. „Sie war eine der ersten Firmen, die Glanzbilder hergestellt hat.“

Krepppapier als Verkleidung

Welche Entwicklung die Produktion von Glanzbildern in den folgenden Jahrzehnten genommen hat, zeigt ein gleich daneben liegendes Musterbuch der Firma Littauer & Boysen aus der Zeit von 1925 bis 1927. „Daran sieht man, welcher Kommerz daraus geworden ist.“

Anfang des 20. Jahrhunderts nutzte man Luxuspapiere, zu denen man auch Krepppapier zählte, auch für ganz andere Zwecke: als Verkleidung und Dekoration bei Kostümbällen. Einen Eindruck davon, wie es bei diesen Feiern zuging, vermitteln die Exponate im zweiten Ausstellungsraum. Auch hier lohnt es sich, ein ausgestelltes Buch besonders genau zu betrachten. Es ist ein Katalog aus den Jahren 1911 und 1912, in dem Scherzartikel und Spielideen für Kostümbälle angepriesen werden. „Ich habe Tränen gelacht, als ich das erste Mal darin gelesen habe“, berichtet Wiebke Behning und beginnt allein bei der Erinnerung daran zu kichern.

Wann man die Ausstellung besichtigen kann