Lars Besa von der Gruppe Normahl mit sprechendem Plakat. Weitere Eindrücke aus der Schau „Wie der Punk nach Stuttgart kam“ zeigt die Fotostrecke. Foto: Rehlinger

Eine Schau im Württembergischen Kunstverein dokumentiert die frühen Jahre der Subkultur in Stuttgart.

Stuttgart - Ist Punk jetzt reif fürs Museum? Im Württembergischen Kunstverein (WKV) sagt man: ja. „Wie der Punk nach Stuttgart kam & wo er hinging“ (bis 8. 10.) porträtiert wie das gleichnamige Buch die Szene der Jahre 1977 bis 1983. Es geht um Treffpunkte der Punks, ihre Outfits, besetzte Häuser. Man sieht selbst erstellte Magazine, Schallplatten und Kassetten, Kleidungsstücke, Plakate, Instrumente, Bilder und Zitate von Zeitzeugen. Etwa 100 von ihnen hat Simon Steiner für das Projekt interviewt. Punk ist Musik, Lebensstil und, wie 1981 eine WKV-Ausstellung behauptete, „Volkskunst“.

Die Materialfülle ist überwältigend. Kaum eine Band, Spielstätte, Szenefigur wird ausgespart – doch zumindest der unbedarfte Beobachter müsste mehr an die Hand genommen werden. Erklärende Texte fehlen weitgehend, Bezüge werden kaum hergestellt. Dabei wäre das so einfach gewesen. Ein Beispiel: Das Forum Stuttgarter Bürgerinitiativen prägte 1979 in einem (auszugsweise gezeigten) Band den Begriff „Kaputtgart“; die in der Schau ebenfalls vertretene Band Ätzer 81 griff ihn mit ihrem in Szenekreisen bekannten Song „Stuttgart Kaputtgart“ auf. Solche Referenzen, die Einblicke in das Zusammenspiel von Subkultur und Stadtgesellschaft versprächen, werden nur Eingeweihten oder Lesern des Buches sichtbar.

Blendet man das Rahmenprogramm aus, bleibt die Schau stark im Oberflächlichen – treibt das aber auf die Spitze. Die „Pogo-Box“, in der man zur Musik von damals den Punkertanz üben kann, ist genial. Außerdem bleibt beim Betrachter ein Eindruck der Ästhetik dieser immer wieder totgesagten Jugendkultur.

Die Musik, Plakate und Magazine der frühen Stuttgarter Punks sind so sehr Ausdruck ihrer Zeit, dass man sie problemlos ins Museum stecken kann. Wichtiger ist, dass Punk sich immer wieder gehäutet hat und bis heute meist junge Stuttgarter Bands den Geist der Anfangsjahre weitertragen. Das zu erkennen fällt leichter, wenn man diese mit viel Einsatz zusammengetragene Schau gesehen hat.