Michael Luz liebt die Illustration und betreibt sie im Hauptberuf. Foto: Ingrid Sachsenmaier

Michael Luz aus Stuttgart stellt im Stadtmuseum Fellbach seine Tagesillustrationen aus – sie sind lustig, aus dem Leben gegriffen und regen zum Nachdenken an. Die Vernissage ist am Nikolaustag.

Ohne sein „Wörterbuch“ geht Michael Luz eigentlich nie aus dem Haus. In dem kleinen Büchlein macht er sich Stichworte, im wahrsten Sinne des Wortes. Michael Luz ist der Mann mit dem Wörterbuch und dem Zeichenstift. Zunächst sind es Worte, die ihn zum Zeichnen anregen. Dabei gibt im wahrsten Sinne des Wortes ein Wort das andere, es wird verändert, ironisch um die Ecke gedacht, auf den Kopf gestellt, mit Hintersinn weiterentwickelt, verdreht. Es braucht nicht viel, dass der Sinn eines Wortes komplett anders wird, so reicht es, wenn aus dem doppelten „p“ ein einfaches „b“ wird. Etwa beim Kappelbergtunnel, der zum Kabelbergtunnel wird – und schon haben wir den Kabelsalat, und eine entsprechende Tagesillustration dazu von Michael Luz. Wunderbar witzig, eindeutig zweideutig.

 

Im Auftrag von Firmen und Agenturen arbeitet er weiterhin

Michael Luz lebt in Stuttgart, hat 13 seiner mittlerweile fast 59 Lebensjahre als Aufträge be- und abarbeitender Grafiker und Illustrator zugebracht und dann für sich die Tagesillustration entdeckt. Im Auftrag von Firmen und Agenturen arbeitet er weiterhin. „Jeden Tag eine Tagesillustration zu zeichnen“, das ist sein Ziel. Es gelingt ihm. Morgens um 9 Uhr sitzt er jeden Tag am Schreibtisch in der Gaisburgstraße in Stuttgart. „Disziplin muss sein“, sagt er und lacht dabei, befreiend und überzeugend.

Der großgewachsene, schlanke Mann nimmt eines seiner Bilder, die ab 7. Dezember und bis zum Neujahrstag im Fellbacher Stadtmuseum in der Hinteren Straße ausgestellt werden, in den Arm und schaut es verliebt an. Darauf ist ihm zu „vollmundig“ ein männlicher Kopf mit vielen roten Lippenstift-Kuss-Mündern überzogen aus der Feder aufs Papier geflossen. Ein nettes Wortspiel, auf das man erst mal kommen muss.

Dafür scheint Michael Luz eine besondere Gabe zu haben. Hinter nahezu jedem Wort sieht er ein anderes, sinnverwandtes. So kommt es, dass er für einen Mineralwasser-Hersteller seit einigen Jahren einen Kalender mit „wässrigen“ Illustrationen gestaltet. Aus „First Class“ wird dann „First Glas“, welches von einem eleganten Kellner, der dem Butler James aus dem Sketch „Dinner for One“ verdammt ähnlich sieht, serviert wird. Wie man weiß, belässt es Miss Sophie bei ihrer Essenseinladung nicht bei einem Glas, weder für sich noch für ihre Gäste.

So geht es oft bei den Tagesillustrationen, die mit wenigen Strichen und noch weniger Farbe auskommen. Sie wachsen über das Wort hinaus. Michael Luz nimmt den Betrachter mit auf kleine Reisen, schubst das Gedankenkarussell an und stimuliert die Lachmuskulatur, ohne plump oder fahrlässig mit ihr umzugehen. Ganz im Gegenteil, er verwöhnt sie. Das gelingt ihm mit Illustrationen, die viele Themen umfänglich in Zyklen behandeln, ohne monoton zu werden. So finden sich in der Fellbacher Ausstellung – so dicht waren die Wände im Stadtmuseum wahrscheinlich noch nie behängt – auch viele Illustrationen zum Thema Wein.

Eine davon ist auf dem Titel des Flyers, der zu der Ausstellung aufgelegt wurde, zu sehen: der Rotbarsch. So erhält die Ausstellung den Fellbach-Bezug und das notwendige „Bodagfährtle“. Auf der Rückseite spielt Michael Luz auf Weihnachten und die Völlerei zu den Festtagen an. Bei „Insalata Mistel“ sitzen Babbo Natale und das Rentier gemeinsam am Tisch und „gabeln“ genüsslich bei einem Glas Rotwein.

Eine Liebeserklärung an unsere Sprache

Seine Illustrationen seien eine „Liebeserklärung an unsere Sprache“. Ein „Spiel mit Worten“ und dann mit dem Zeichenstift, aber auch mit Figuren. Als Auftragsarbeiten fertigt er zu besonderen Anlässen, etwa runden Geburtstagen oder Firmenjubiläen, großformatige Zeichnungen an. Dazu braucht Luz dann Fotos als Vorlage und collagiert daraus Wimmelbild-ähnliche Bilder. Die meisten Werke sind Unikate, deshalb empfiehlt Michael Luz jetzt im Fellbacher Stadtmuseum – nicht ganz uneigennützig und dabei an das Bereichern der Weihnachtsgabentische denkend: „Abhängen, zahlen und mitnehmen.“

So direkt hat das vorher in dem historischen Fachwerkhaus wohl noch niemand bei einer Verkaufsausstellung gesagt. Aber so ist Michael Luz, knitz und konkret, sympathisch und selbstbewusst, nett und nachhaltig, witzig und warmherzig. Bei der Vernissage am Mittwoch, 6. Dezember, um 19 Uhr wird er anwesend sein. Der Abend wird am Klavier live von dem Stuttgarter Pianisten Stanislav Dimitrov und die Ausstellung wieder von einem ansprechenden Programm begleitet.

Das beginnt schon vor der eigentlichen Eröffnung. An diesem Sonntag, 3. Dezember, gibt es das „weihnachtliche Sonntagscafé“ mit Kaffeehausmusik und Gebäck vom Verein Kreativ Handeln. Die Illustrationen von Michael Luz hängen dann schon. Kreativ sein können Kinder am Samstag, 9. Dezember, bei der Kreativwerkstatt und bei einem Workshop zum Thema Illustration am Samstag, 16. Dezember, vormittags. Nachmittags ist die Kreativität von Erwachsenen gefordert, sie können Weihnachtskarten gestalten. Das Warten aufs Christkind wird Kindern am Freitag, 22. Dezember, verkürzt, erneut bei einem Illustrations-Workshop. Für alle Veranstaltungen ist eine Anmeldung erforderlich unter 0711 / 58 51 75 92 oder per E-Mail an stadtmuseum@fellbach.de.

Umbau für die nächste Sonderausstellung

Am Sonntag, 17. Dezember, führt morgens um 11 Uhr Michael Luz durch seine Ausstellung, die am 1. Januar zum letzten Mal besucht werden kann. Danach wird im Stadtmuseum umgebaut für die nächste große Sonderausstellung. Sie trägt den Titel „Deutsch ist beautiful“ und wird Ende Januar eröffnet. Bei der Vorbereitung zu dieser Ausstellung, die sich mit Sprache im Allgemeinen und beispielsweise auch mit Jugendsprache beschäftigt, hat Museumsleiterin Ursula Teutrine Michael Luz kennengelernt und kurzfristig mit ihm die Ausstellung „Tagesillustrationen“ konzipiert. Weil Michael Luz, wie eingangs beschrieben, täglich eine Illustration zeichnet, war der Fundus an Zeichnungen groß und es am Ende eher schwierig, sich auf die nun ausgestellten Werke zu beschränken.