Häutungsreste und Eihüllen dokumentieren das komplexe Schlangendasein. Foto: Ines Rudel

Sie sind faszinierend und angsteinflößend: Schlangen. Das Naturschutzzentrum Schopflocher Alb zeigt in einer Schau spannende Einblicke in die Biologie und Lebensweise dieser Reptilien in Baden-Württemberg.

Lenningen - Sie sind großmäulig veranlagt, können (ja müssen) regelmäßig aus der Haut fahren und schätzen einen unauffälligen Lebenswandel. Für sich genommen sind das alles Charakteristika, die auch Menschen zugeordnet werden können – und doch ist das Verhältnis zwischen Schlange und Mensch höchst zwiespältig. Wer unter den Zweibeinern als „Schlange“ gilt, hat längst verspielt, schließlich wird so ein Reptil auch mit der Vertreibung aus dem Paradies in Verbindung gebracht.

Im Naturschutzzentrum auf der Schopflocher Alb hat jetzt eine gemeinsame Wanderausstellung des Nationalparkzentrums Schwarzwald, des Staatlichen Naturkundemuseums Stuttgart und der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) Station gemacht. Stellwände mit reich illustrierten Informationstafeln zu Kreuzotter und Co., nachempfundene Biotop-Dioramen, großformatige Fotos und selbst ein eindrucksvolles Gebissmodell zeigen die weithin Verfemten und Verfolgten in einem interessanten bis faszinierenden Licht.

Harmlose Nattern haben runde Pupillen

Wo er in der Zweiteilung der Menschheit – Furchterfüllte und Faszinierte – steht, daran ließ Michael Waitzmann von der Landesanstalt für Umwelt bei seinem Eröffnungsvortrag keinen Zweifel offen: Seine Sympathie gehört den Kriechtieren – und dies, obwohl er vor Jahren wegen des unglücklichen Bisses einer Kreuzotter in die Hand schon mal mit der Intensivabteilung eines oberschwäbischen Hospitals unfreiwillige Bekanntschaft machte.

Als Faustformel, so gab Waitzmann den Eröffnungsgästen mit auf den Weg, könne gelten, dass die giftigen Vipern senkrechte, die harmloseren Nattern dagegen runde Pupillen hätten. Freilich gibt es auch auf diesem Felde keine Regel ohne Ausnahme: Die Eidechsennatter habe zwar runde Pupillen, aber – wohl für alle Fälle – ganz hinten am Gaumen noch zwei Giftzähne. Wer meint, eine Schlange überhaupt im Freien anfassen zu müssen, sollte dies nie ohne Schutzhandschuhe tun, rät der Experte.

Ringelnattern verschlingern ihre Beute lebend

Von den weltweit etwa 3500 Schlangenarten sind im Südwesten fünf Nattern- und zwei Vipernarten von Belang. Am bekanntesten dürften die Kreuzottern und die zwei Arten von Ringelnattern sein. Ringelnattern verschlingen ihre Beute lebend und in Gänze, doch als Waitzmann einmal ein Exemplar vermessen wollte, spie das bedrängte Reptil eine frisch verschlungene Wechselkröte aus; laut ihrem Retter konnte die Kröte danach noch drei gewonnene Lebensjahre im Aquarium genießen. Für die gebänderten, aber auch rein schwarz („Höllenottern“) vorkommenden Kreuzottern, seien noch bis in die 60er-Jahre Kopfprämien bezahlt worden, heute kämpften sie auf der Alb ums Überleben.

Eine lebende nordamerikanische Kornnatter, die der Referent aus dem Karton zauberte, sorgte für die Schlussattraktion des Nachmittags, insbesondere bei der Jugend. So ließen der elfjährige Silas und sein jüngerer Bruder Jona, assistiert von einem Mädchen, die Natter ganz mutig über ihre Arme gleiten. Seine demonstrative Coolness erklärte Silas so: „Daheim bei einem Kumpel hatte ich schon mal eine Königspython um den Hals.“