Für Pierre Soulages ist schwarz nicht gleich schwarz. Foto: dpa/Kai Foersterling

Zum 100. Geburtstag von Pierre Soulages widmet Paris dem französischen Maler eine Doppelschau.

Paris - Die Bilder von Pierre Soulages sind nicht einfach schwarz. Ihre raue, faserige oder auch glatte Oberfläche reflektiert das einfallende Licht, bisweilen tiefblau, oft in wilden Grautönen oder auch in einem alles verschlingenden Nachtschwarz. Der französische Künstler weist aus diesem Grund eine ihm immer wieder gestellte Frage weit von sich: Warum ausgerechnet schwarz? „Ich male nicht mit Schwarz“, erklärt er dann, „ich male mit Licht.“ Erst durch den Blick des Betrachters werde das Bild zum Werk vollendet. „Auf meine Gemälde gibt es unendlich viele Sichtweisen“, sagt Pierre Soulages in einem Interview mit „Le Parisien“, „man verändert den Standpunkt und das Licht verändert sich ebenfalls.“

Eine besondere Ehre für Soulages

Zu seinem 100. Geburtstag am 24. Dezember wird Pierre Soulages nun eine besondere Ehre zuteil. Frankreich feiert ihn mit einer Doppelausstellung. Erstmals widmet der Pariser Louvre dem Maler eine Retrospektive. Nach Pablo Picasso und Marc Chagall ist Soulages erst der dritte Künstler, dem eine solche Würdigung zuteil wird. Die zweite Schau wird im Centre Pompidou gezeigt.

Die Ausstellung im Louvre findet im prachtvollen „Salon carré“ statt, wo normalerweise italienische Malereien aus dem 12. bis 15. Jahrhundert hängen. Sie mussten 19 größtenteils monumentalen Werken weichen, die die künstlerische Entwicklung von Pierre Soulages markieren. Man habe mit wenigen Werken ein 80 Jahre währendes Schaffen illustrieren wollen, sagt der Kurator Alfred Pacquement. Die Hommage im Centre Pompidou konzentriert sich mit 14 Arbeiten auf die Jahre 1948 bis 2002, darunter sind auch ältere Werke zu sehen, in denen die Farbe Schwarz noch nicht ganz die Bildfläche beherrscht.

Mächtige Bildersprache eines 100-Jährigen

Unter den Exponaten der Retrospektive befinden sich seine ersten, ab Mitte der 1940er Jahre entstandenen Kompositionen wie die einzige erhaltene Nussbeize-Arbeit auf Leinwand. Einer der Höhepunkte ist allerdings ein sehr großformatiges Werk aus dem Jahr 2019. Kurator Alfred Pacquement habe es bei einem Besuch im Ateliers des Malers in Sète gesehen und sei bei dessen Anblick schlicht hingerissen, erinnert sich der Künstler. Ein Werk von solcher Wucht, aus den Händen eines 100 Jahre alten Menschen.

Ein Schwerpunkt der Doppelschau liegt auf den „Outrenoir“-Werke. Längst zur Legende ist der Schaffensprozess geworden, in dem Pierre Soulages praktisch über Nacht seinen Weg zu diesen Werken „jenseits des Schwarz“ gefunden hat. Nach mehr als 30 Jahren des Schaffens war der Künstler Ende der 80er Jahre an einem Wendepunkt angekommen. Nach eigenen Erzählungen arbeitete er damals an einem großformatigen Werk, das ihm nicht gelingen wollte. Wieder und wieder übermalte er das Bild, trug Schicht für Schicht der schwarzen Farbpaste auf, bis er sich erschöpft schlafen legte. Als er erwachte und das Werk erneut betrachtete, modulierte die faserige, wilde Oberfläche das Licht. „Darin habe ich einen neuen Typ der Malerei erkannt“, erinnert sich Soulages, einer Malerei jenseits des Schwarz, die die Seele des Betrachters berührt.

Beide Ausstellungen im Louvre und Centre Pompidou dauern bis zum 9. März. Eintritt 17 Euro, dienstags geschlossen.