Ein Kennzeichen der Plastiken von Tim David Trillsam sind die überdimensionierten großen Hände und Füße. Foto: Horst Rudel

Der Geislinger Bildhauer Tim David Trillsam zeigt bis zum 3. März einen Ausschnitt seines Schaffens in der Galerie im Alten Bau in Geislingen. Ein Kontrast zu seinen Plastiken bilden die Acrylbilder der Weingarter Künstlerin Doris Vogel.

Geislingen - In London hat er schon ausgestellt, in Amsterdam oder auch, wie zurzeit, auf Mallorca – Tim David Trillsam (TDT) ist ein Shooting Star der europäischen Kunstszene. Nun zeigt der Bildhauer einen Ausschnitt seines Schaffens in seiner Heimatstadt Geislingen. Bis zum 3. März sind Plastiken von ihm in der Galerie im Alten Bau zu sehen. Einen farbigen Kontrast zu den Skulpturen aus Bronze, Eisen oder Silber bilden die Acrylbilder von Doris Vogel. Beide Künstler – Trillsam ist Jahrgang 1985, Vogel Jahrgang 1988 – beschäftigen sich in ihren Arbeiten mit dem Menschen. Entsprechend lautet der Titel dieser Doppelausstellung des örtlichen Kunst- und Geschichtsvereins schlicht „Mensch!“.

Seit seinem Debüt mit seiner Solo-Show auf der Berliner Liste, der Entdeckermesse für zeitgenössische Kunst, im Jahr 2013 hat Tim David Trillsam die europäische Kunstszene im Sturm erobert. Dass seine Arbeiten so gut ankommen, damit habe er nicht gerechnet, sagt er. „Doch der Wille war da – und die Leidenschaft.“ Und, das muss man ergänzen, eine ganz eigene Handschrift, eine Formensprache, die anrührt und hängenbleibt. Das dafür erforderliche Rüstzeug hat Trillsam an der Fachschule für Holzbildhauerei des Berchtesgadener Landes erlernt. Ein Studium der „Freien Kunst“ an der Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart schloss sich an. Vor sechs Jahren brach er dieses allerdings ab, weil sich Nachwuchs ankündigte. Seither arbeitet er mit großem Erfolg als freischaffender Künstler – und ist mittlerweile vierfacher Vater. „Die Kinder“, so sagt er, „sind meine Motivation.“ Obwohl er von einer Großstadt zur anderen jettet und mit sechs, sieben Galerien zusammenarbeitet, hat er Kontakt mit seiner Heimatstadt gehalten. Sein Atelier befindet sich im idyllischen Eybach.

Ins Dasein geworfene Kreaturen

Die Plastiken im Alten Bau zeigen den Menschen als eine Kreatur, die angesichts der conditio humana verloren und wie ins Dasein geworfen wirkt. Blind und dennoch voller Hybris tappt sie durch das Leben wie der Kleine Prinz, dem die Krone die Sicht vernebelt, weil sie ihm über die Augen auf die Nase gerutscht ist, die er dafür umso höher hält. Auch der „Große Bonaparte“ hat nichts von einem Feldherren an sich. Sein dürrer Körper wirkt, wenngleich auch in exaltierter Pose, eher schutzbedürftig in seiner Nacktheit. Der Helm ist ihm ins Gesicht gerutscht, so wie einem kleinen Kind die Mütze. Ein Held sieht anders aus.

Ein besonderes Merkmal der figurativen Plastiken sind die Hände und Füße, die im Verhältnis zu den dünnen Körpern deutlich überdimensioniert und besonders ausdrucksstark gestaltet sind. Das ist kein Zufall. Tim David Trillsam empfindet Hände und Füße als die schönsten Körperteile des Menschen. „Sie sind das tägliche Werkzeug“, erläutert er. Der „Zeitschläger“ schleift seine Hände wie Ballast hinter sich her, während er auf großen Füßen und mit langen Beineb, die denen eines Lurchs nicht unähnlich sind, nach vorne drängt. Doch bei aller Dynamik scheint er auf der Stelle zu treten.

Auch Vogel richtet Fokus auf den Menschen

Trotz der Tragik dieser Geschöpfe, die in ihrem Mühen einem Don Quijote nicht unähnlich sind, ist der Blick Trillsams auf die menschliche Existenz und ihre Widrigkeiten nicht ohne Humor. Der „Feminist“ tänzelt mit Kuss- oder Schmollmund – so genau lässt sich das nicht ausmachen - durch das Leben. Das „ÜberIch“ ist eine Bronzeskulptur, die eine kleine Figur mit erhobenem Zeigefinger auf dem Rücken eines großen Mannes zeigt, der auf allen Vieren kriecht. Bezeichnenderweise ist die Fingerkuppe des Über-Ichs signalrot.

Es gibt aber auch Arbeiten, die von tiefem Ernst sind. „Der Nachlass“ ist der Titel einer Plastik, die aus zwei Figuren besteht: Vater und Sohn. Obwohl sie sich an den Händen halten, blicken sie traurig und beziehungslos in verschiedene Richtungen, die Körper streben voneinander weg. Der Sohn trägt eine Gasmaske – plakativer kann man das böse Erbe, das die Generation der Väter ihren Kindern hinterlässt, kaum thematisieren.

Menschen stehen auch im Mittelpunkt der Arbeiten der Weingarter Künstlerin Doris Vogel. Ihre Acrylbilder tragen die Namen der Personen, die sie gemalt hat. Die in knalligen Farben eingehüllten Männer und Frauen scheinen nicht von dieser Welt zu sein, mal wirken sie engelsgleich, mal wie Geschöpfe aus einer fernen Galaxie.