Außenminister Heiko Maas will sich bei seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow dafür einsetzen, dass eine Großoffensive gegen die letzte syrische Rebellenhochburg Idlib ausbleibt. Foto: dpa

In Syrien droht eine neue humanitäre Katastrophe. Russland hat die Macht, eine Großoffensive auf Idlib zu verhindern. Die Bundesregierung hat nicht viel Einfluss auf Moskau, aber den will sie nutzen.

Berlin - Außenminister Heiko Maas will sich bei seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow dafür einsetzen, dass eine Großoffensive gegen die letzte syrische Rebellenhochburg Idlib ausbleibt. „Wir alle wissen, was auf dem Spiel steht. Es geht darum, das Schlimmste zu verhindern, nämlich eine neue humanitäre Katastrophe“, sagte Maas vor seinem Treffen mit Lawrow am Freitag in Berlin in einem Interview. „Russland spielt da eine Schlüsselrolle und wir haben da Erwartungen. Das werden wir ganz offen miteinander besprechen.“

In dem Gebiet um Idlib an der türkischen Grenze sind etwa drei Millionen Einwohner eingeschlossen. Bei einer Großoffensive der Regierungstruppen des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad wird eine humanitäre Katastrophe mit hunderttausenden Flüchtlingen befürchtet. Russland gilt als Schutzmacht Assads.

Schnelle Wiederaufbauhilfe gefordert

Den russischen Forderungen nach schneller Wiederaufbauhilfe für das kriegszerstörte Syrien will Deutschland zunächst nicht nachgeben. Maas bekräftigte, dass es solche Unterstützungsleistungen nur unter bestimmten Bedingungen geben werde. „Wenn es eine politische Lösung in Syrien gibt, die am Ende zu freien Wahlen führt, sind wir bereit, Verantwortung beim Wiederaufbau zu übernehmen“, sagte der SPD-Politiker. „Das werden weder die Russen noch die Iraner oder die Türkei alleine stemmen können. Da kommt uns eine wichtige Rolle zu.“

Maas fügte hinzu, dass sich die Bundesregierung eine dauerhafte politische Lösung mit Assad nicht vorstellen könne. Er nannte eine Absetzung des Präsidenten aber auch nicht als Voraussetzung für Wiederaufbauhilfe. „Mit dem Prozess der Vereinten Nationen, an dessen Ende Wahlen stehen sollen, wird die letzte Entscheidung in die Hände aller Syrer gelegt. Dazu gehören auch diejenigen, die aus ihrer Heimat geflohen sind und wieder zurück wollen.“

Lawrow hatte am Donnerstag vor seiner Abreise nach Berlin die deutsche Zurückhaltung bei einem Wiederaufbau Syriens kritisiert. „Hilfe für die Syrer könnte ein wichtiges Gebiet internationaler Kooperation sein. Leider haben wir mit Deutschland noch nicht zu dieser Kooperation gefunden“, sagte er in einem dpa-Interview.

Beziehungen massiv angespannt

Maas begrüßte zwar grundsätzlich die Bestrebungen Russlands, Flüchtlinge nach Syrien zurückzuführen. „Das wird aber nicht funktionieren, wenn die Menschen diese Möglichkeit gar nicht wahrnehmen wollen, weil sie in Syrien Verfolgung, Verhaftung und Enteignung ausgesetzt sind“, betonte er. „Insofern ist die Rückführungsinitiative Russlands zum jetzigen Zeitpunkt nicht erfolgversprechend.“

Offizieller Anlass des Besuchs Lawrows in Berlin ist der Abschluss des Jahres der deutsch-russischen Städtepartnerschaften. Die beiden Politiker wollen zudem ein gemeinsames Themenjahr zur Hochschul- und Wissenschaftskooperation auf den Weg bringen.

Die deutsch-russischen Beziehungen sind seit Beginn der Ukraine-Krise vor vier Jahren massiv angespannt. Die Bundesregierung strebt aber einen verstärkten Dialog mit Moskau an, gerade um bei den Bemühungen um eine Lösung von Krisen wie in Syrien voranzukommen.