Tübingens Oberbürgermeister, Boris Palmer (Grüne), ist in seiner eigenen Partei aufgrund eines umstrittenen Facebook-Beitrags umstritten. (Archivbild) Foto: dpa/Marijan Murat

Der Anwalt von Boris Palmer hat die Grünen-Spitze im Land aufgrund des langwierigen Parteiordnungsverfahrens gegen seinen Mandanten als „komplett unglaubwürdig“ bezeichnet.

Stuttgart - Der Anwalt von Boris Palmer hat den Umgang der Grünen-Landesspitze mit dem Ausschlussverfahren gegen den Tübinger Oberbürgermeister scharf kritisiert. Es gebe auch fünf Monate nach dem Beschluss des Landesparteitags noch keinen Antrag und kein Verfahren, teilte Palmers Rechtsbeistand, der frühere Grünen-Parteichef Rezzo Schlauch, am Dienstag in Stuttgart mit.

Es sei „komplett unglaubwürdig“, wenn die Grünen erklärten, die Vorbereitungen für den Ausschlussantrag seien sehr aufwendig. „Es ist offenkundig, dass diese Verzögerung ausschließlich dazu dienen sollte, die Causa Boris Palmer aus dem von Mai bis September laufenden Bundestagswahlkampf herauszuhalten, und somit rein taktischer Natur ist.“ Schlauch empfahl der Parteiführung, das Verfahren am besten fallen zu lassen.

N-Wort im Facebook-Beitrag

Eine Grünen-Sprecherin hatte am Montag erklärt: „Die Vorbereitungen sind aufwändig und zeitintensiv, wir gehen aber davon aus, dass wir sie innerhalb der nächsten Wochen abschließen können.“ Ein Parteitag hatte Anfang Mai beschlossen, ein Parteiordnungsverfahren gegen Palmer anzustrengen.

Anlass war ein Facebook-Beitrag Palmers über den früheren deutschen Fußball-Nationalspieler Dennis Aogo, in dem Palmer das sogenannte N-Wort benutzt. Mit diesem Begriff wird heute eine früher in Deutschland gebräuchliche rassistische Bezeichnung für Schwarze umschrieben. Der OB beteuerte dagegen, seine Äußerung sei ironisch gemeint gewesen.

Schaden am eigenen Wahlkampf

Schlauch kritisierte, die Grünen-Landesführung verhalte sich widersprüchlich. „Wenn unter anderem die gesetzliche Voraussetzung für einen Parteiausschluss es erfordert, dass der Betroffene mit seinem Verhalten der Partei „schweren Schaden“ zufügen muss, dann hätte es im dringenden Interesse der Partei liegen müssen, den „schweren Schaden“ durch einen zügigen Parteiausschluss abzuwenden (...).“ Dem Landesvorstand sei aber klar gewesen, „dass ein Ausschlussverfahren während des Wahlkampfs erheblichen Schaden“ für die Grünen angerichtet hätte.

Der ehemalige Grünen-Chef empfahl seiner Partei, den Rauswurf Palmers nicht weiterzuverfolgen. „Sie wären gut beraten, es dabei zu belassen (...).“ Das magere Ergebnis der Südwest-Grünen bei der Bundestagswahl zeige, dass sie durchaus noch Aufholbedarf hätten. Die Landes-Grünen hatten bei der Wahl 17,8 Prozent geholt und waren hinter CDU und SPD nur auf Platz drei gelandet.